Page - 120 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
Image of the Page - 120 -
Text of the Page - 120 -
120
Demüthigung des Franzosenkönigs mehr der allgemeinen Entwicklung der Dinge als der
eigenen Thatkraft zur überlassen geeignet war. Jetzt erst reifte in dem Kaiser die Erkenntniß,
daß sein eigenes Interesse die zuverlässigste Wahrung im Kreise jener allgemeinen Interessen
fände, die iu eiuer großen Allianz der europäischen Mächte gegen das systematische Vor-
dringen Frankreichs gipfelten. Zu Laxenburg war es, wo der Kaiser am 31. Mai 1673 iu
einsamer Berathung mit seinem Minister Hocher seiner Friedensliebe den Entschluß offenen
Kampfes mit Frankreich abgewann. Bald darnach begab sich Leopold auf die Wallfahrt
uach Mariazell. Nach der Communion nahm er ein Crucifix iu die Hand und sprach:
„Herr, mein Gott, dessen Bildniß ich hier in Händen halte, ich erkläre vor Dir, wie Du
Herzeuskuudiger es weißt, daß ich mein Heer versammle nicht ans Begierde nach der
Erweiterung meines Gebietes, sondern zufrieden bin mit dem, was Du mir gegeben nnd
wofür ich Deiner gütigen Gnade dankbar bin. Ich hoffe zu Dir, daß mein gerechtes Bor-
haben Dir nicht mißfalle, und bedauere, daß ich zu diesem Kriege gezwungen werde. Und
darum wirst Du, mein Gott, am Tage des Gerichtes nicht von mir das Blut fordern, das
in diesem Kriege vergossen wird." Man fühlt es diesen Worten an, wie schwer selbst jetzt
noch der Entschluß zum Kainpf Leopold gefallen war. Es war ein Sieg über sich selbst,
mit welchem der Kaiser den Krieg mit Frankreich eröffnete.
Am 30. Augnst 1673 wurden im Haag die Verträge zwischen dem Kaiser und der
Republik Holland, zwischen dieser und Spanien und zwischen allen drei Mächten und dem
Herzog vou Lothringen unterzeichnet. Der Kölner Friedenskongreß wurde gespreugt, der
Kölner Domherr Graf Wilhelm von Fürstenberg, als Hauptförderer der französischen
Umtriebe im Reiche, aufgehoben und nach Österreich in sicheren Gewahrsam gebracht.
Die deutschen Rheinfürsten fielen von Ludwig XIV". ab, der deutsche Reichstag erklärte au
Frankreich den Krieg. Auch der Kurfürst von Brandenburg, der vor kurzem mit Ludwig
— vorbehaltlich der Rechte des Reiches — Frieden geschlossen hatte, nahm an dein ernenten
Kampfe wieder theil.
Auch der Sturz des Fürsten Wenzel Eusebius Lobkowitz war eine Folge des ver-
änderten politischen Systems. Und doch schienen die folgenden Ereignisse eher für als wider
ihn zu sprechen. Der Krieg mit Frankreich nahm einen unglücklichen Verlauf und zuletzt
gelang es Ludwig, seine Gegner zu trennen nnd mit jedem derselben besonders Frieden zu
schließen, so daß die Allianz gegen ihn sich löste und die Zurückbleibenden sich immer
härtere Bedingungen gefallen lassen mußten. Im Frieden zu Nymwegeu (1678), der diesen
sogenannten zweiten Raubkrieg beendete, trat Spanien an ihn die Frcigrafschaft Burgund,
der Kaiser Freiburg im Breisgau ab. Lothringen wurde seinem Herzoge Karl V. unter so
entehrenden Bedingungen zurückgestellt, daß derselbe es vorzog, sein Laud noch länger in
den Händen der Franzosen zu lassen. Der Knrfürst von Brandenburg endlich mußte im
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch