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scheiterte, als vielmehr kein Zweifel mehr darüber walten konnte, daß der Angriffsstoß
der Pforte diesmal dem Herzen seiner Länder, der Hauptstadt Wien selbst, gelten sollte.
Da war es denn von geradezu entscheidender Bedeutung, daß auf dem apostolischen Stuhle
ein Papst — Juuoeenz XI. — saß, der, sowie er einst selbst in Polen die Waffen gegen die
Türken getragen, sich jetzt des welthistorischen Berufes erinnerte, in dessen Erfüllung seine
Borgänger so oft Fürsten und Völker des Abendlandes zum Kampfe gegen den Erbfeind
der Christenheit ermahnt und vereinigt hatten. Den Mahnungen, welche infolge dessen
der Papst an Ludwig XIV. richtete, gesellte sich als mächtiger Verbündeter jene Art
gemeinsamen Gefühles bei, das sich trotz aller inneren und äußeren Spaltung in der
gesammten Christenheit erhalten hatte, das selbst noch bei den Protestanten vorhanden
war nnd dem sich daher auch Ludwig nicht entziehen konnte, ohne auf den Titel eines
allerchristlichsten Königs zu verzichten und in Widerspruch mit der öffentliche« Meinung
feines eigenen Volkes zu geratheu.
Wichtiger aber noch als jene Mahnungen an Ludwig XIV". war die Einwirkung
des Papstes für den Kaiser bei dem Polenkönig Johann III. SobieSki. Wohl lag es im
Interesse Sobieskis und der Polen selbst, sich mit dem Kaiser gegen die Psorte zn verbinden,
da sie, wie es in dem später geschlossenen Vertrage heißt, die nahe Gefahr als ihre eigene
erachten mnßten, sowie auch der König das Zustaudekommen des Vertrages als die
Grundlage der Znknnft seines Hauses ansah, da er mit Hilfe des Kaisers die Krone Polens
auf seinen Sohn vererben zn können hoffte. Daß aber dieser Vertrag, der Ludwigs XIV".
Pläne durchkreuzte, trotz aller Gegenbemühungen seines Gesandten in Warschau zustande
kam, war das Verdienst des Papstes, in dessen Hände die Aufrechterhaltung des Tractates
beschworen wurde. Auch war es den vom Papste bewilligten Subsidien zu verdanken,
daß der Kaiser nnd der König den Verpflichtungen nachkommen konnten, die ihnen der
Allianzvertrag auferlegte.
Noch hatte die Pforte dem Kaiser nicht den Krieg erklärt, noch war es nicht zweifellos,
welcher christlichen Macht ihre großen Rüstungen gelten sollten. Diese Ungewißheit hatte
nicht wenig zum Gelingen der Verhandlungen mit Polen beigetragen und beherrschte noch
die Bestimmungen des Allianzvertrages, der sich auf beide Fälle, daß Wien oder Krakau
belagert werden würde, bezog. Es war das zur Zeit, als sich bereits Kara Mustapha in das
Studium jener Karte von Wien vertiefte, die ihm Tököly durch einen seiner Spione
verschafft hatte.
Es folgte die Belagerung Wieus, unter deffeu Mauern sich das Schicksal Österreichs,
des deutschen Reiches, ja Europas entscheiden sollte. „Fiel diese Stadt, so gab es nur noch
zwei Möglichkeiten für den Erdtheil, türkisch oder französisch." Aber Wien behauptete sich.
Mit eiuem Heldeumnthe, der sich den größten Waffenthaten aller Zeiten würdig anreiht,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch