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Wohlau als Lehen der böhmischen Krone eingezogen, die Ansprüche aber, welche der Kur-
fürst von Brandenburg sowohl auf diese Gebiete als auf das 1621 eingezogene Jägerndorf
erhob, durch die vorübergehende Abtretung des Schwiebnfer Kreises abgefunden. Durch
den letzten Friedensschluß mit Frankreich (zu Nyswyk), so ungünstig auch sonst derselbe
für Kaiser und Reich war, kehrte noch einmal Freibnrg in österreichischen Besitz zurück.
Vor Allem aber wnrde durch die Wiedereroberung Ungarns Wesen und Umsang des
Habsburgischen Staates im Großen und Ganzen festgestellt. „Seitdem hatte Österreich eine
ganz andere Grundlage als früher. Sonst wurden alle Kriege in Ungarn von deutschen
Heeren geführt, und man sagte, alle dortigen Flüsse seien mit dentschem Blute gefärbt;
jetzt erschienen die Ungarn als der Kern der österreichischen Heere in den deutschen Kriegen."
Nur einmal noch, im Laufe des spanischen Erbfolgekrieges, fand die französische Diplomatie
bei den Mißvergnügten Beistand und Hilfe. In der Folge gründete der Kaiser seine Gewalt
eben auf diejenige Provinz, die ihn bisher am meisten gefährdet hatte. Die einstige Ostmark
des deutschen Reiches erweiterte sich zu einem mächtigen Ostreich und Wien, die einstige
Grenzstadt, blühte, begünstigt durch die Erweiterung seines Burgfriedens, zum würdigen
Mittelpunkte des jungen Staatswesens empor.
Noch während des Krieges mit der Pforte und unmittelbar darnach beschäftigte den
Wiener Hof die Frage, in welcher Weise das den Türken entrissene Land in die neuen
Verhältnisse des Grundbesitzes einzuordnen sei. Es wurden zu diesem Zwecke die sogenannte
neoaqnistische Commission und ziemlich gleichzeitig die Commission zur Einrichtung
Ungarns eingesetzt. Im Zusammenhange damit wurde der Versuch gemacht, an die Stelle
der bisherigen Adelsherrschaft und Anarchie eine geordnete Verwaltung im ganzen Lande
einzuführen, wobei man den Anschauungen des Cardinalerzbischofs Kollonich von Kaloesa
(seit 1695 Primas und Erzbischos von Gran) folgend, die möglichste Annäherung der
ungarischen Verhältnisse an die erbländischen anstrebte. Zugleich verlangte die Regierung,
daß die znm Schlitze Ungarns nach außen und zur Aufrechthaltung der Ruhe im Innern
nothwendigen Truppen vom Lande selbst erhalten werden sollten, und erließ ein Militär-
Verpfleguugsreglemeut, welches diese Verhältnisse für alle österreichischen Provinzen
ordnete. Da ferner Ungarn zur Bestreitung der allgemeinen Staatslasten nur eine ver-
schwindend kleine Summe beitrug und vom Reichstage kein Entgegenkommen zu erwarten
stand, so erhob die Regierung ohne Genehmigung desselben und mit theilweiser Beseitigung
der Abgabenfreiheit des Adels eine neue Steuer. Dazu gesellte» sich Verordnungen kirch-
licher Natur, denen znsolge die auf den Reichstagen zu Ödenburg (1681) und Preßburg
(1687) den Protestanten eingeräumten Rechte nicht auch auf die neugewonnenen Gebiete
ausgedehnt werden sollten. Darüber brach nnter der Führung Franz Rakoczys II. ein
nener Aufstand aus, dessen Ausgaug Kaiser Leopold nicht mehr erlebte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch