Page - 148 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
Image of the Page - 148 -
Text of the Page - 148 -
148
Munde trug. Die Frucht jener beiden Siege war der Passarowitzer Frieden, in welchem die
Pforte Belgrad, den größeren Theil von Serbien und Bosnien und die „kleine Walachei"
bis zur Aluta an Österreich abtrat. Es war der glorreichste Frieden, den Österreich je
mit der Pforte abgeschlossen hat. Der Kaiser hätte auf uoch größeren Forderungen der
Türkei gegenüber bestehen können, wäre er nicht durch den Krieg, den die Ränke des
spanischen Ministers Alberoni gegen Österreich heraufbeschworen, genöthigt worden, in
Italien für seine Besitzrechte einzusteheu.
Zwischen Kaiser Karl VI. und König Philipp V. von Spanien war bisher kein
förmlicher Friede geschlossen worden. Noch hielten beide Theile an ihren Ansprüchen fest,
die auf die gesammte spanische Erbschaft gerichtet waren. Wenn Karl VI. durch die Ver-
bindung der letzteren mit dem deutschen Reiche und seinen Erblanden sich eine Stellung
zu schaffen wünschte, mit der selbst jene seines Ahnherrn Karls V. nicht zu vergleichen
gewesen wäre, so waren dem Ehrgeize Alberonis Spanien und Frankreich, wo damals für
Ludwig XV. der Prinz von Orleans die Regentschaft führte, nicht allzugroß, um nicht
beide Kronen für seinen königlichen Herrn und dessen (zweite) Gemalin Elisabeth von
Parma anzustreben. Während aber die Wünsche des Kaisers an der Abneigung der See-
mächte, sie zu fördern, scheiterten, setzte Alberoni alle politischen Hebel in Bewegung, um
zu dem ersehnten Ziele zu gelangen. So wie er durch eine Verschwörung am französischen
Hofe den Prinz-Regenten zu stürzen suchte und gegen England den Prätendenten Jakob
Stuart unterstützte, so trat er gegen Österreich mit den ungarischen Emigranten in Ver-
bindung und stachelte er die Pforte zur Fortsetzung des Krieges auf. Vor Allem aber
eröffnete er selbst den Krieg, indem ein spanisches Geschwader Sardinien besetzte, ein zweites
auf Sieilien landete.
Da waren es die Seemächte, welche abermals für das europäische Gleichgewicht in
die Schranken traten, indem sie mit Frankreich jenen Dreimächtebund eingingen, der sich
durch den Beitritt des Kaisers zur Quadrupelallianz erweiterte. Aber erst nachdem die
spanische Kriegsflotte durch die englische vernichtet worden war und nach dem Sturze
Alberonis trat auch Spanien dem Vertrage von London bei (1720), in welchem Karl VI.
auf Spanien, Philipp V. auf die spanischen Nebenländer in Europa verzichtete, Sicilieu an
den Kaiser kam, der Herzog von Savoyen dafür durch Sardinien und den Königstitel
entschädigt, den Kindern der Königin Elisabeth von Spanien endlich die Anwartschaft auf
Parma, Piaeeuza und Toscana eröffnet wurde.
Österreich hatte durch die beiden letzten Friedensschlüsse seine größte Ausdehnung
erreicht. Freilich zeigte es sich, daß für ein Staatswesen territorialer Zuwachs nur dann
wahrhaft ersprießlich ist, wenn sich derselbe in das Ganze organisch einfügt. Das war
wohl bezüglich der Erwerbungen im Osten, nicht aber in Italien und den Niederlanden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch