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Mit einer so kampfgeübten, abgehärteten, diseiplinirten leichten Reiterei, wie es die
ungarische war, welche zugleich die furchtbarsten, wunderbar gewandten Bogenschützen
in ihren Reihen zählte und jede Strapaze, Kälte, Hitze, Hunger, Durst mit völligem
Gleichmuth zu ertragen wußte, mit einer solchen Reiterei konnten es nicht nur die kleinen
Volksbruchstücke an den Donau- und Theißufern nicht im entferntesten aufnehmen, sondern
auch die Heere West- und Ost-Europas waren Jahrzehnte hindurch nicht im Stande, sich
mit ihr erfolgreich zu messen.
Das an die Steppe gewöhnte Magyarenvolk besetzte die Ebenen und Niederungen
und drang in den Thälern, die Flußläufe entlang, wie die Ortsnamen in Abanj,
Säros, Zemplin n. f. w. beweisen, um Vieles weiter hinaus, als sich heute das Gebiet der
ungarischen Sprache erstreckt. Die früheren Bewohner jedoch zogen sich theils in die
Grenzgebirge zurück, theils wurden sie als Bauern und Viehzüchter zu Leibeigenen der
mit Ackerbau sich nicht abgebenden Magyaren gemacht.
Daß die Ungarn mit der unterworfenen Bevölkerung menschlich und mild umgingen,
daß sie ihre slavischen Unterthanen nicht so unbarmherzig behandelten, wie es einst die
Avaren gethan hatten, daß die ungarische Herrschaft das Landvolk nicht ärger bedrückte
als die frühere Zwingherrschaft der kleinen Tyrannen, können wir getrost aus dem
Umstände schließen, daß in dem länger als ein Jahrhundert andauernden Zeitalter
der Herzoge, währenddessen ein großer Theil der nationalen Streitmacht außerhalb des
Landes mit Kriegsabenteuern noch in der Fremde beschäftigt war, die eingeborene, durch
auswärtige christliche Kriegsgefangene fortwährend massenweise vermehrte Bevölkerung
selbst nach den Niederlagen von Augsburg und anderwärts nicht den geringsten Versuch
machte, die magyarische Herrschaft abzuschütteln und den ehemaligen Zustand wieder
herzustellen.
Daß die Einnahme des Landes in den letzten Jahren des IX. Jahrhunderts vollständig
beendigt war, erhellt unzweifelhaft durch den oberitalienischen Feldzug, den die Ungarn
vom Frühjahr 899 angefangen über ein Jahr lang führten und den sie doch nur nach
vollständiger Eroberung und Sicherung des heutigen Ungarlandes unternehmen konnten.
Zu Beginn dieses Feldzuges versuchte die keine Schwierigkeiten kennende ungarische
Reiterei, uachdem die Laguneninseln eingenommen waren, auf Pferden und Schläuchen
den Kanal von Malamocco foreirend, sich Venedigs zu bemächtigen; dieser verwegene
Plan wurde jedoch durch die Vertheidigung der kriegsgeübten venetianischen Flotte
vereitelt (am 29. Juli 899). Einige Monate nach der entscheidenden Schlacht an der
Brenta, in welcher das an Zahl überwiegende italienische Heer durch die tactischen
Vortheile der leichten ungarischen Reiterei vernichtet wurde, lag ganz Oberitalien offen
vor den ungarischen Kriegsscharen, welche, indem sie Oberitalien bis zu den Grenzalpen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch