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hielt er entweder persönlich Gericht oder ließ sich dnrch den obersten Richter seines Hofes,
den Palatin vertreten.
Die Wehrkraft des Landes organisirend, schuf er das königliche Heer, dessen Kern
durch die unter den Fahnen der Burggrafen dienenden Burgsoldaten gebildet wurde.
Daneben blieb das Nationalheer aufrecht stehen, welches durch den hohen Clerus, durch
den hohen und niederen Adelsstand gebildet wurde und sich zu Zwecken der Landes-
vertheidigung erhob, aber nicht verpflichtet war, außerhalb der Landesgrenzen zu ziehen.
Stesan nahm sich bezüglich der Ordnung des Staatswesens und des königlichen
Hofes das westliche Kaiserreich zum Borbilde; in seinen Gesetzbüchern, von welchen nur
Fragmente zu uns gelangt sind, ist die Wirkung des fränkischen Rechtes erkennbar. Er
legte den Grund znr Standesverfassung, indem er die Stiftungen, die Schenkungen, die
Erbgüter und die an die Burgvasallen vertheilten Lehensgüter in ein besonderes Buch
aufnehmen ließ, auf welches sich im Streitfalle noch die späteren Nachkommen als auf
ein entscheidendes Beweismittel berufen konnten.
Wir haben urkundliche Beweise dafür, daß dieses unter dem Titel I^e^enclir Saneti
Stepkani erwähnte Bnch in der Epoche Karl Roberts noch vorhanden war und am
königlichen Hofe zu Vifegräd sich befand.
Zur Vertheidigung der Burgen waren die bewaffneten Burgunterthanen, zur
Erhaltung und Verproviantirnng derselben das die Burgläudereieu cultivireude Burgvolk
bestimmt. Gleich diesem war auch die Bauernschaft, welche die königlichen, geistlichen und
Herrengüter cultivirte, nicht frei, sie erlitt aber auch nicht das Los der aus Kriegs-
gefangenen oder aus Verbrechern hervorgegangenen Knechte, die indeß laut dem Gesetze
Stefaus sich mit einer bestimmten Summe loskaufen konnten und deren noch in
Documenteu aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts gedacht wird.
Die Einnahmequellen der königlichen Schatzkammer bildeten die weitausgedehnten
Domänen, Bergwerke und Salinen, die Münze, welche ausschließlich königliches Recht
war, die „Dreißigstel" und Zölle, die Naturalstenern des Bnrgvvlkes, davon ein Drittel
dem Burggrafen gehörte, die dem Könige und seiner Familie in üblicher Weise dargebrachten
Geschenke, die Bequartierungspflicht, durch welche die Herren und die Städte gehalten
waren, den reisenden König und sein Gefolge mehr oder weniger Tage lang zu bewirthen,
die Strafgebühren und confiscirten Güter, endlich im Nothfalle die den unfreien Besitzern
und uicht privilegirteu Bewohnern auferlegten Geld- oder Naturalstenern, welche nach
altem Ausdruck „Eollecta" genannt wurden. Bei so reichen Einkünften konnte Stefan in
der That einen königlichen Hof halten, dessen Glanz nur noch vermehrt wurde durch die
überreichen Optimaten und den mit Grundbesitz freigebig bedachten Elerns, welch letzterer
ein Zehntel sämmtlicher Prodncte des ungarischen Bodens genoß. Im Dienste des Hofes
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch