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Aus diesem Kreise stammt der ungarische Humanist und Kirchenfürst Johann
Csezmiezei, Bischof von Fünfkirchen (mit seinem poetischen Namen Janns Pannonius),
dessen Verse zwar die römischen Classiker nachahmen, gleichwohl aber aus echter Dichter-
brust quellen und ihren Autor auch in Italien berühmt machen.
Mit dem Tode des Königs Matthias hört auch die Bevorzugung der italienischen
Gelehrten auf. Allmälig verlassen alle den verarmten Hof des Königs Wladislaw II.
Die darauf folgende unruhigere Zeit konnte kein bedeutenderes literarisches Werk
hervorbringen. Nur das eine „Tripartitum" Verböezys, die systematische Ordnung des
mittelalterlichen ungarischen Gewohnheitsrechtes, ragt noch hervor als das einzige
Prodnct dieses in staats- und privatrechtliche Streitigkeiten versunkenen, proceßlustigen
Zeitalters.
Die Kunst steht namentlich im XIV. Jahrhundert gleichfalls im Dienste der
Religion. Am entwickeltesten ist die korporativ organisirte Baukunst, deren Wirkung durch
Malerei und Bildhauerkunst gehoben wird. Der kräftige Glaube des Jahrhunderts ließ
zahlreiche kirchliche Kunstdenkmäler in dem der religiösen Andacht am besten entsprechenden
Spitzbogenstil entstehen. Das größte Meisterwerk in dieser Richtung ist der bis heute
aufrechtstehende, renovirte Kaschaner Dom aus den Zeiten der Anjous.
Ei« Zeugniß von dem Reichthum und dem entwickelten Geschmacke unserer Könige
war das prächtige Schloß zu Visegräd, welches noch im folgenden Jahrhundert von
einem mit feinem Verständniß begabten Italiener das irdische Paradies genannt wird;
ferner das ebenfalls im gothischen Stil erbaute Ofener Schloß des Königs Sigmnnd,
sowie Johann Huuyadis theilweise noch heute erhaltene Vajda-Hnnyader Burg mit
ihren Senlpturen, Glasmalereien und Freskogemälden, welche weltliche Gegenstände
darstellen.
Seit der Mitte dieses Jahrhunderts verändert sich der Geschmack. Classische Muster,
italienischer Einfluß werden herrschend selbst in der Kunst. König Matthias läßt seit
den Sechziger-Jahren seine hochberühmte Ofener Burg schon im italienischen Renaissance-
stil bauen. Der Eingang am heutigen St. Georgsplatz wurde durch eine Herkulesstatue,
der Hof durch einen Apollo, eine Diana und durch eine Pallas-Athene über einem
prachtvollen Wasserbassin, weiterhin durch die Bronzestatuen Johann Hunyadis und
seiner Söhne Ladislans und Matthias geziert; die Corridore, Thüren, Säle waren durch
die größten Meisterwerke der verweltlichten und kräftigen italienischen Plastik und
Malerei, durch die Werke eines Verrochio, Majano, Filippo Lippi und Leonardo da
Vinci geschmückt. Die Folianten seiner weltberühmten Bibliothek, der Corvina, wurden
durch die hervorragendsten italienischen Meister — unter ihnen Attavante aus Florenz —
mit noch heute glänzenden Randverzierungen und Miniaturmalereien versehen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch