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Das Gebiet, in dessen Besitz die Türken sich endgiltig gesetzt hatten, war schon durch
die vorhergegangenen Kriege in hohem Grade verwüstet. Das Unheil wurde durch die
unverständige Wirthschaft und durch die Erpressungen der neueu Herreu noch vermehrt.
Die Türken lebten in der Regel nicht auf dem Lande, sondern nur in den Festungen uud
Städten. Die Gemeindesteuern waren einzelnen Ämtern, Vasallen (Spahis) überantwortet.
Ein Jeder, hauptsächlich Derjenige, der nur eine zeitweilige Nutznießung besaß, suchte sein
Amt in möglichst hohem Maße auszubeuten. Die Steuer wurde nicht auf Einzelne, sondern
auf die Gemeinden ausgeschrieben, welche für die Versäumnisse der Einzelnen solidarisch
haftbar waren. Wenn die Gemeinde nicht zahlte oder säumig war, wurde sie mit Feuer
und Schwert bedroht, die Steuerrückstände wurden mit Waffengewalt eingetrieben, sehr oft
verließ die Bauernschaft, die nicht zahlen konnte, aus Furcht ihre Hütten, entfloh und rettete
sich entweder in das unabhängige ungarische Gebiet oder in andere Dörfer und Städte.
So verschwanden die meisten Dörfer des ungarischen Tieflandes, und diese Verheerung,
dieser Verfall wurde immer ärger, je länger die türkische Herrschaft dauerte. Ofen selbst
wurde unter diesem Regime eine schmutzige, baufällige Türkenstadt, welche außer vou dem
herrschenden Stamme nur noch von Serben („Raizen") und zahlreichen ziemlich wohl-
habenden Juden bewohnt wurde.
Von ungefähr gleicher Ausdehnung wie das türkische Gebiet war derjenige Theil
des Landes, der unter türkischem Protectorate dem Sohne des Königs Johann geblieben
war. Den Kern bildete Siebenbürgen. Von Ungarn gehörten dazu: Krassö-Szöreny,
Zaränd, der östliche Theil des Araber Eomitates, Bihar, Kraszna, Mittelszolnok, die
Marmaros und von den oberen und linksseitigen Theißgebieten von Zeit zu Zeit bald
mehr bald weniger.
Die Verfassung Siebenbürgens beruhte auf der Union der drei Nationen, welche
ihre endgiltig festgestellte — bis 1848 aufrechterhaltene — Form gerade in der unruhigen
Zeit erhielt, welche der Schlacht bei Mohäcs folgte. Die bürgerlichen Sachsen, das halb
und halb demokratische Sziklervolk, die Magnaten und der Comitatsadel verbanden sich zu
gegenseitigem Schutze. Die Unterthanen, schon damals zum größten Theile aus Rumänen
bestehend, standen außerhalb des Bundes und seiner Wohlthaten.
Der zweite Cardiualpuukt der alten siebenbürgischen Verfassung, das System der
vier recipirten Religionen, entstand auch zu dieser Zeit. Die Sachsen führten schon vor der
Mohacser Schlacht die Reformation im Sinne der lutherischen Lehre eiu und blieben ihr
bis auf unsere Tage treu. In den Comitaten, den Szeklerstühlen und in den ungarischen
Landestheilen verbreitete sich anfangs auch das Lutherthum. Bald aber wurde das
helvetische Glaubensbekenntniß, die Lehre Zwinglis und Calvins, die herrschende. König
Johann war ein eifriger Katholik, noch eifriger Frater Georg, doch waren beide nicht im
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch