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König von Ungarn nicht auch zugleich römischer Kaiser oder präsnmtiver Erbe dieser
ersten Krone der Welt war. Die Stände traten in Anbetracht der neuen Verhältnisse mit
neuen Forderungen hervor. Die Stellung, welche sie wenigstens stillschweigend den
Würdenträgern des römischen Kaisers eingeräumt hatten, waren sie nicht geneigt auch den
obersten Beamten der österreichischen Erblande zu gewähren. Ungarn, sagten sie, ist das
größte Land der Dynastie. Es ziemt sich daher, daß es Einfluß nehme auf die gemeinsamen
Angelegenheiten, daß dagegen die Königin die ungarischen Sachen ausschließlich mit
ungarischen Räthen erledige. Maria Theresia langte am 20. Juni in ungarischer Tracht in
Preßburg an. Den anderen Tag sprach sie zum ersten Male vom Throne zu den Ständen
— lateinisch, nachdem der Hofkanzler die königlichen Propositionen ungarisch vorgetragen
hatte. Vier Tage später ging die Krönung vor sich. Die Königin fuhr in ungarischer
Tracht in einem sechsspännigen, mit grüner Seide überzogenen Wagen zum St. Martins-
dom. Ihr voran trugen die Fahnen der ungarischen Nebenländer ein Batthyany,
Ghillänyi, Eszterhäzy, Erdödy, Balassa, Kollouics, Patachich, Csäky, Ungarns weiße
Fahne aber, die größte von allen, Graf Josef Keglevich. Die Krone setzte ihr aufs Haupt
Emerich Eszterhäzy, der „Frater Emericus", der damals schon Erzbischof von Gran und
ein körperlich zwar gebrochener, geistig aber noch rüstiger Greis war. Darauf begab sich
die Königin, mit der Krone auf dem Haupte und begleitet von glänzendem Gefolge, theils
zu Fuß, theils zu Wagen auf den traditionellen Rundgang. In der Franciscauerkirche
vollzog sie den Ritterschlag. Vor der Kirche der Barmherzigen leistete sie den Eid, unter
freiem Himmel, auf die Verfassung des Landes. An der Donau, beim Krönungshügel,
stieg sie aus dem Wagen, setzte sich auf einen reich nach ungarischer Art geschirrten Rappen,
sprengte den Hügel hinan und führte von hier aus mit dem königlichen Schwerte die alt-
üblichen Hiebe gegeu die vier Weltgegenden. Brausende Begeisterung, Rufe: „Vivat!",
, Vivat äomina rex noster", „es lebe unsere Frau, unser König!" begleiteten sie überall,
doch als die Feierlichkeit vorüber war, — kam dennoch keine Vereinbarung zwischen Königin
und Landtag zustande. Die Stände planten zur Sicherung der gesetzlichen Unabhängigkeit
des Landes hinsichtlich seiner inneren Administration, seiner Cameral- und Kriegs-
angelegenheiten eine Art von ungarischem Ministerium; Maria Theresia jedoch weigerte
sich alles dies, so wie man es verlangte, zu gewähren. „Ich halte meinen Schwur, den ich
auf die Rechte der Nation ablegte", sagte die Königin zu einem Führer der Opposition,
dem Banns, General und jetzt euriae Josef Eszterhäzy, dessen Bruder Anton als
unerschütterlicher Anhänger Räköczy's in Rodofto zur ewigen Ruhe bestattet war. „Ich
weiß, daß meine deutschen Minister im Allgemeinen die Ungarn nicht lieben. In Betreff
der ungarischen Angelegenheiten schenke ich ihnen daher kein Gehör; ich erledige selbst
Alles; was aber das Laud von mir verlangt, sieht einem förmlichen Mißtrauen gleich."
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch