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unter österreichischer Cameralverwaltung stand. Während dieser zweiundsechzig Jahre war
die wüste, sumpfige Gegend unter den fremden, aber sorgsamen Händen wunderbar empor-
geblüht, namentlich unter dem Grafen Florimnnd Merey, dem tapferen, aber unglücklichen
Krieger, der mit geringer Unterbrechung sechzehn Jahre lang (1718 bis 1734) Gouverneur
dieser Provinz war und von hier nach Italien ging, um dort bei Parma Schlacht und
Leben gegen die Franzosen und Sarden zu verlieren. Aus den wiedervereinigten Theilen
wurden drei Comitate gebildet: Temes, Krassö, Torontäl. Und hiermit war auch die
Integrität des Landes wiederhergestellt. »Lonsumawm est!« rief die Königin aus, „jetzt
darf ich getrost zur Ruhe gehen".
Auch im Innern gingen während Maria Theresias Regierung große Veränderungen
vor sich. Selbst die Ausländer staunten über die ungeheuren materiellen Fortschritte, welche
während ihrer vierzigjährigen Regierungsdauer gemacht wurden. Sie verwendete die
größte Sorgfalt auf Straßen, Kanäle, Flußregnlirnngen; kein Zweig des nationalen
Lebens entging ihrer Aufmerksamkeit. Sie vermehrte die alte römisch-katholische Hierarchie
des Landes mit fünf Bisthümern: Neusohl, Roseuau, Zips, Weißeuburg undSteinamanger;
sie stiftete das Muukäcser griechisch-katholische Bisthum (1773) und machte dadurch
endlich den erbitterten Reibungen ein Ende, welche zwischen dem Bischof von Erlan und
seinen griechisch-uuirteu Gläubigen solange bestanden. Sie verbesserte die Justizpflege.
Im plarmin l'adulare (1769) wurden die Curial-Entfcheidnngen beinahe eines halben
Jahrhunderts gesammelt, dadurch vielen Ungewißheiten ein Ende gemacht und eine feste
Basis für weitere Entwicklung gelegt. Und da zu jeder Thätigkeit Anregung gehört und
es nur gerecht ist, das Verdienst zu belohnen, so stiftete sie zur Belohnung der Tapferkeit
den Maria Theresia-Orden, als Anerkennung der friedlichen Thätigkeit dagegen den
ungarischen St. Stesansorden (1764) zum Andenken an den ersten großen König, „der
diesen Staat mit starker Hand und Weisheit schuf". Ihre Sorgfalt erstreckte sich auch auf
die zahlreichste Classe der Nation, auf die Bauern und Hörigen. Da ihre darauf gerichteten
Bestrebungen im Reichstage nicht durchdrangen, ordnete sie diese Verhältnisse kraft ihrer
königlichen Machtvollkommenheit und führte das Urbarium ein, zuerst in dem heutigen
Slavonien (1756), sodann in Ungarn (1766 bis 1769), schließlich in den kroatischen
Comitaten. Sie setzte fest, was dem Unterthan gebühre und welche Dienste er zum Entgelt
leisten müsse, denn sie wollte verhindern, daß ihn herrschaftliche Willkür gänzlich aussauge,
und sie wünschte, daß er, wenn er seine Verpflichtungen erfüllt habe, soviel besitze, um
damit den Verhältnissen angemessen mit seiner Familie sich erhalten zu können.
Die größte Sorge wendete sie aber der Verbreitung der Bildung, dem Unterrichts-
wesen zu. Sie wollte, daß die „wackere und einsichtige ungarische Nation" auch auf diesem
Gebiete, auf welchem sie infolge ungünstiger Verhältnisse so sehr zurückgeblieben war,
Ungarn I. 16
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch