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erhob der Causarnm-Director (Kronanwalt) bereits gegen 46 die Anklage auf Hochverrath
und Aufruhr bei der königlichen Tafel. Unter den Angeklagten befanden sich manche hervor-
ragende Gestalten der damaligen Literatur und des öffentlichen Lebens, wie Franz Kazinczy,
Franz Verfeghy, ehemaliger Panliner, Dichter und Schriftsteller, der die Marseillaise ins
Ungarische übersetzte, der junge Dichter Ladislans von Szentjob, Szabö, der Dichter und
Schriftsteller Johann Bacsanyi und mehrere Andere. Die Septemviraltafel sprach über
18 Angeklagte das Todesurtheil aus. Martiuovich uud vier Direktoren wurden am
20. Mai 1795 in Ofen unterhalb der Festung, auf der heutigen Generalwiese (ungarisch
Blutfeld) hingerichtet. Ihnen folgte am 3. Juni Paul Öz, ein junger Advocat aus Pest,
und Alexauder Szolarcsik, ein zwanzigjähriger Jnrat, die sich zu ihren revolutionären
Jdeeu selbst während des Processes und nach demselben bekannten. Die übrigen Elf
wurden begnadigt und verbüßten mit ihren zu Haft verurtheilteu Gefährten — insgesammt
siebenundzwanzig — ihre Strafen in verschiedenen Festungen durch längere oder kürzere
Zeit. — Franz Kazinczy wurde nach fast siebenjähriger Gefangenschaft im Jahre 1801
frei und kehrte in die Heimat zurück, um seine auf die Neugestaltung der ungarischen
Literatur gerichtete Thätigkeit fortzusetzen.
Diese Beispiele waren nicht gerade geeignet, den französischen Ideen Anhänger im
Lande zu schaffen. Die Extravaganzen der Revolution erschreckten zudem Jedermann, der
auch nur einigermaßen die Anhänglichkeit an das bestehende Staats- und Gesellschafts-
system bewahrt hatte. Die ungarische Nation unterstützte ihren König getreulich in dem
wechselvollen schweren Kampfe, den er mit der französischen Republik, später mit dem
Kaiserreiche zu bestehen hatte. Bonaparte wurde auf seinem italienischen Triumphzuge
am stärksten durch eine» ungarischen General — Alvinczy — angegriffen, und der große
Feldherr bedürfte seines ganzen Genies und Glückes, damit der Sieg von den französischen
Fahnen sich nicht abwende. In nicht ganz zehn Jahren fand dreimal die Adels-
insurrectiou statt — 1797, 1800 und 1805 — und ein schönes Denkmal der kriegerischen
Begeisterung jener Zeit ist die Errichtung der Militärakademie, des Lndovicenins, auf dem
Wege freiwilliger Spenden, welche laut Gesetz vom Jahre 1808 dazu vorbereiten sollte,
„daß die ungarischen Jünglinge nicht blos mit der rohen Kraft, sondern auch mit den
Mitteln der Wissenschaft für das Vaterland, für die angestammte Verfassung und das
erlauchte Herrscherhaus kämpfen könnten!" Ein großes Verdienst ist in Bezug auf alles dies
dem Palatin Erzherzog Josef zuzuschreiben, der Leopolds II. Sohn, jüngerer Bruder des
Königs Franz und der würdige Enkel Maria Theresias war. Er war kaum noch 20 Jahre
alt, als er (am 12. November 1796) zum Palatin gewählt wurde. Er bekleidete seine
Würde länger als 50 Jahre, und während dieser Zeit gab es kein bedentenderes Moment
in dem Leben der Nation, welches er nicht mit dem wärmsten Interesse verfolgt, ja
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch