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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
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801 Schwärmerei erhebt. Der Magyare kann sich nicht im Auslande niederlassen, so gut es ihm auch dort ergehen mag, und haben ihn die Verhältnisse gezwungen auszuwandern, so sehnt er sich in der dritten oder vierten Generation schon zurück. Seine Volkslieder sind voll uiit diesem schwermüthigen Hindämmern und es ist ein altes Sprichwort, daß „der Magyare sich weinend belustigt." Er weint, wenn ihm sein Vaterland einfällt. „Aus meinem Ange rinnt ein Thränenbach deinem Gedächtniß, süßes Vaterland!" Er beweint sein treuloses Liebchen: „Regen nicht, noch Wolke, nicht einmal im Weiten, doch wird meine Snba (Lodenmantel) naß auf beiden Seiten." „Unterm Himmel, rings auf Erde» wer kauu so verwaist noch werden." „Weint das eine Ang' mir, thränt das andere auch mir; weint nur zu mein'twegen, wie der schießende Regen." Er weint um seine schwindende Jugend: „Also vergeht mir die Jugeud, weinend seh' ich ihr nach." Mit seinen Thränen salzt er sich das magere Soldatenbrot: „Weine, Mntter, laß dir rathen, steht dein Sohn bei den Soldaten; einen Todten hast du täglich, Tag und Nacht drum weinst unsäglich." Er beweint die vergangenen rühmlichen Zeiten: „Hörst nicht mehr das Wort Magyar, hin ist hin des Glückes Jahr." Er schwellt die Donau an mit seinen Thränen: „Donau, Donau, was ist dein Wasser bitter und so voll dem Graben? Weil bei Preßburg so viel bittre Thränen einst gefüllt ihn haben." Diese melancholische Färbung zieht sich durch seine ganze Poesie und ist auch nachzuweisen in seinen öffentlichen Reden, seiner höheren Literatur, seinen Dramen. Immer ist er der Freund der besiegten Partei, niemals jauchzt er mit dem Sieger, stets trauert er mit dem Gestürzten. Und wer sich vom schwermüthig ernsten Gemüthe der ungarischen Race überzeugen will, beobachte den Gottesdienst der Calviner, wenn sie ihre Psalmen singen; ohne daß irgend eine äußere Ceremonie die Phantasie aufregte, entspringt die Andacht aus dem Gemüthe selbst. Der Schuster in Debreezin singt seine Psalmen sogar bei der Arbeit. Die nämliche Andacht finden wir bei den Wallfahrten der Katholiken, besonders an den Bitttagen und in der Charwoche. Familienleben. Auch das magyarische Volk betrachtet die Familie als die Grundlage des Staates und hält in deren Kreise Zucht uud gute Sitte aufrecht. Söhue und Töchter duzen die Eltern niemals, selbst nicht wenn sie erwachsen sind. Der jüngere Bruder nennt den älteren nnd dieser jenen ,Scssln«, die Schwestern aber ,nenem"nnd . welche Unterscheidung nur die magyarische Sprache besitzt, und diese Benennung bringt solche Rechte zu allgemeiner Geltnng, daß z. B. selbst die Reichstagsabgeordneten ihre älteren Eollegen mit „Sie" anreden, während diese sie dnzen. Zur Steigerung der Ehre
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Übersichtsband, Ungarn (1)
Volume
5
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1888
Language
German
License
PD
Size
16.41 x 22.5 cm
Pages
532
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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