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Missionare in Ungarn noch alle auf folgende Weise verquickt waren: „Sei gepriesen dn
großer Gott mit unserem Bruder*, der Sonne. O wie schön, o wie strahlend; sie ist dein
Wahrzeichen, o Herr!— Sei gesegnet sammt unserer älteren Schwester, dem Monde, und
unseren jüngere» Schwestern, den Sternen, die da so schön und glänzend sind! — Sei
gesegnet sammt unserem Schwager, dem Winde, der die Wolken und das heitere Wetter
bringt! Sei gesegnet sammt unserer kleinen Schwägerin, dem Wasser, das so nützlich,
schmackhaft und rein ist! Sei gesegnet sammt unserem Herrn Ohm, dem Feuer! O wie
schön, o wie munter, o wie stark und gewaltig ist er! Sei gesegnet, o Herr, sammt unserer
Frau Mutter, der Erde, die nns ernährt und erhält!" Die opferübenden Personen der
Urreligion nannte man rliudondän (was als fürstliche Würde galt), lältos, korküs,
^ula; zu diesen gesellten sich noch der pervs^tö, billvFvs und Furubonc^os.
Das vom Gesetz Ladislaus des Heiligen verbotene Feueropfer lebt noch jetzt hier
und da jenseits der Donau als Volksgebrauch im Feuerfest der Johaunisnacht. Seiner
älteren Form nach stellt es sich der plastisch arbeitende» Phantasie folgendermaßen dar:
„Der Abend des sommerlichen großen Sternschnnppenfalles war das Fest des Altsener-
löschens, der nächste Tag das Fest des Neuseuerzüudeus. Für diesen Tag nahm jede Frau
die übriggebliebene Herdglut in einem Topfe vom Hause mit, deßgleicheu die Männer
dürre Reisigbündel, die Mädchen neunerlei Kraut und Blumen; daheim darf kein Fuukeu
Feuer verbleiben. Beim Feuerhügel angelangt, schütten alle Frauen die Glut aus ihren
Töpfen heraus, welche der mittelst eines aus duftenden Kräutern gebundenen
Wedels der Reihe nach verlöscht. Hierauf wird eiu großes hölzernes Rad herbeigeholt,
dessen Speichen aus neunerlei Holz geinacht sind. Durch die Nabe desselben wird eine
Stange aus Eschenholz gesteckt und von zwei keuschen Burschen so lange in der Nabe hin
und wieder gescheuert, bis jeue davon Fener fängt, und so entsteht das neue Feuer. Der
Feuergott flammt auf, der belebt, leuchtet, wärmt und gedeihen läßt, und wenn er zürnt,
vernichtet, verzehrt. Jetzt beginnen die Mädchen das Feuerlied zu singen:
„Wollen Feuer fachen, draus ein Biereck machen,
Ein Eck, wo da sitzen schöne alte Männer,
Noch ein Eck, da sitzen schöne alte Frauen,
Drittes Eck, da sitzen schöne junge Bursche,
Viertes Eck, da sitzen schöne ledige Dirnen."
Dann folgt das Lied des Feuersprungs:
„Bartas Haus will Feuer fangen,
Ach, laßt nicht die Armen bangen.
Löscht nur, löscht!"
* Im Magyarischen ist die Sonne männlich, der Mond weiblich gedacht; siehe weiterhin.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch