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mit denen er eentnerschwere Keulen schleudert, bis ihm endlich der Königssohn mit seinen
gefeiten Waffen alle sieben Köpfe abhaut und so das geplagte Volk von ihm befreit. Ein
solcher berühmter Drache war das Gespenst des Ecseder Moores, welches von Opos, dem
Ahnherrn der Bäthory, erlegt wurde und seinem Wappen die drei Drachenzähne hinterließ.
Noch berühmter ist der Drache von Csökme, der freilich noch volksthümliche Satire ist
und den Stoff zu einem noch vorhandenen gelungenen Spottgedicht gibt. König Sigisnmnd
hat auch einen nationalen Drachenorden gestiftet, und wenn mau ehedem den alten Adel
einer Person bezeichnen wollte, sagte man, „sein Großvater habe Drachen getödtet".
Ein Gespenst niedrigeren Ranges ist der „liäere?" (auf der Insel Schütt
oder Kobold, der in Gestalt eines redenden Huhnes erscheint und dem Hause Geld zuträgt;
jedoch heißt auch der in den Mooren tanzende Irrwisch .lickere?«. Die Vampyrsage fehlt
dem magyarischen Sagenkreise, wir begegnen ihr aber beim Aberglauben anderer Nationali-
täten. Das Wort , tünäöleven^ scheint sich auf diese Fabelgestalt zu beziehen.
Auch Riesen erwähnt die Volkssage mit den Feen; sie erschrecken durch unbändige
Körperkraft. Da sind der (Banmausraufer), der »VasAxürö" (Eiseukueter),
der ,Knm0i'?sc>Iü« (Steiubröckler). Ihr Beruf ist, sich von dem sagenhaften Helden mit
Hilfe der Fee besiegen zu lassen. Noch größer als die Macht der Riesen ist aber die des
mukk-embei-" (mohngroßen Eichelmännchens), der gewissermaßen die Nemesis
darstellt. Einem armen Bauernpärchen ranbt der Drache drei Söhne, welche ausgezogen,
ihr ebenfalls geraubtes Schwesterlein zu suchen. Die Mutter haut sich beim Holzhacken
eine große Zehe ab und daraus entsteht der ,küvel^k>einder° (Däumling), der Wunder-
dinge verrichtet, bald seinem Vater Pflügen hilft, indem er sich dem Ochsen ins Ohr setzt
nnd von da aus mit der langen Peitsche knallt, bald wieder sich aufmacht, den Drachen
aufzusuchen, und dazu eine zehn Centner schwere Keule mitnimmt, so daß Alle, die ihn
sehen, fragen: „Heda! Keule, wo trägst du denn das winzige Männlein hin?" — bis er
endlich den Drachen findet, ihn mit der Keule in die bleierne Tenne hineinhämmert und
alle seine Geschwister befreit. Eine derartige Figur ist auch der ,?iritus", der vom
lateinischen , spiritus" herzukommen scheint, jedoch seinen Namen auch iu den Volkssagen
der Finnen heimisch gemacht hat (nach Lencqnist „Piritys") und dem Hause alles Gute
zuschleppt. Wer in allen seinen Unternehmungen besonderes Glück hat, von dem pflegt
das Volk bei uns zu sagen: „Der hat aber einen piritus." Hier reiht sich noch die in
Gaä l s Sammlung von Volksmärchen erwähnte Sage von den drei Zwergen an, die von
ihrem Vater einen unsichtbar machenden Mantel, einen hundert Meilen schreitenden Schuh
und eine zum Fliegen befähigende Peitsche geerbt haben, sich aber nicht in die Erbschaft
zu theilen vermögen, worauf der schlaue Sagenheld ihnen alle drei abzunehmen weiß.
Unter die Figuren der magyarischen Volkssagen gehört ferner der V o g e l Gre i f
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch