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der Inwohner durchsetzt. Darum ist ihr Weißzeug von zweierlei Art: das „reine" (für
Festtage) und das „räucherige" (für den Alltag), worunter aber beileibe kein „rußiges",
das heißt schmutziges zu verstehen ist. Im räucherigen Gewand darf man einhergehen,
im schmutzigen nicht.
Je mehr man sich, dem Laufe der Drau folgend, Szigetvär nähert, desto weißer
wird die Tracht, aber nur längs des Flusses, denn zwei Meilen vom Ufer landeinwärts
beginnt schon die Farbe zu blühen und die Felder sprenkeln sich roth. Auf dem Szür,
den die Männer über die eine Schulter werfen, schimmert zwar noch rothes Tuch, ist aber
schmäler geworden. Das Haar ist noch hier und da in der Mitte getheilt und beschattet,
in seiner vollen Länge belassen, Schultern und Rücken; nur die Locken längs der Schläfe
sind in künstliche Knoten gebunden, eine heidnische Haartracht, gegen welche das Somogyer
Comitat in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts einen förmlichen Ausrottungskrieg
unternommen hat, obgleich selbst vornehme Männer, unter ihnen der Dichter Adam
Horväth, die Haarknoten trugen. Die Frauen tragen das weiße Ärmelhemd (inZväll) und
einen hoch über der Hüfte anschließenden Rock (dikla) aus Hausleinwand; davor eine
branngeblumte Schürze, auf dem Kopfe ein steifes kegelförmiges Häubchen, mit schwarzer
Seide überzogen. Es ist etwas in dieser Tracht, was an die Nachahmung altgriechischer
Moden in den Pariser Septembertagen erinnert. (So sah es wenigstens vor dreißig bis
vierzig Jahren aus, seitdem hat auch hier der Luxus und mit ihm die Verarmung an
Raum gewonnen.)
Verläßt man Szigetvär und betritt die Ormansäg, so findet man in den an die
Drau stoßenden Waldungen des Baranyaer Comitats von Szigetvär bis Siklos die
vierzig bis fünfzig Dörfer der Ormansäg, wo „das Volk sich weiß trägt". Die Kleidung
der Männer besteht aus dem schon bekannten Weißzeug magyarischen Gepräges, aber nicht
so verschwenderisch weitfaltig und auch nicht so kurz, wie oben angegeben worden. Alles
ist einfach. Ihr Oberkleid ist ein weißer „alter (das heißt langer) Szür", wie ein Sack
gerade geschnitten, bescheiden verziert. Sie tragen ihn auch nicht kokett auf die eine
Schulter geworfen, wie in der Somogy gebräuchlich, und auch die Hand faßt statt des
Beiles höchstens einen langen, dünnen, glatten Knotenstock, nicht zu kriegerischen Zwecken,
sondern lediglich weil sich das ziemt. Statt des schweren, einem Helm kaum nachgebenden
Hute der Somogyer sehen wir da den leichten Tuchhut, dem bei ledigen Burschen selten
sein Blumenstrauß fehlt. Um den Hals endlich ist der unvermeidliche Schnappsack gehängt,
nur für Lebensmittel, denn werthvollere Gegenstände pflegt man im Szür-Ärmel unter-
zubringen. Es braucht nicht einmal eigens versichert zu werden, daß das junge Mannsvolk,
ein schöner, strammer Schlag, von der Einfachheit der Väter abweichend auch hier seine
Gala hat und es darin allen Burschen des Landes gleich thut, nur mit dem einzigen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch