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Angreifer abzuwehren snchen. Endlich rücken die als Weiber verkleideten Buckelkorbträger
ins Treffen. Sie greifen einer in den Korb des andern nnd werfen die darin befindlichen
Topf- und Schüsselscherben mit Gewalt an das Hausthor, so das; es laut erkracht. Auch
ein als „Habergeiß" verkleideter Bursche, der von mehrere» „Dirndl'n" geführt wird und
die tollsten Sprünge macht, kommt den Angreifern zn Hilfe, so das; diese endlich in
das Haus eindringen. Der neue „König", das Kind iu der Wiege, wird in die Stube
getragen und von dem neuen Ehepaare unter lärmendem Jubel gewiegt. Dieses bewirthet
nun die willkommenen Eindringlinge mit Brod und Most; dazu schlägt man die Zither,
singt und tanzt.
Im Kranz, den die Braut auf dem Haupte uud der Bräutigam auf dem Hut und
am Arme trägt, dürfen die Rosmarinzweige nicht fehlen. Sie fehlen auch uicht, wenn der
Todte anf dem „Brette" liegt: ein Büschlein Rosmarin nnd „Todtenkräutleiu" („Wein-
kraut") duftet auf seiner Brust; Jüngliugeu und Jungfrauen, die der Tod geknickt, setzt
man Rosmarinkränze auf das Haupt; eiueu Rosmariuzweig taucht mau iu Weihwasser
und bespreugt damit den Todten; Rosmarinbüschchen legt man ihm iu die Bahre nnd
wirft ihm solche nach in das Grab.
Den Todten bewahrt das tiefe Gemüth des Oberösterreichers innige Pietät. Schon
die Leichen gebräuche sprechen davon. Stirbt in einem Hanse der Bater oder die Mutter,
so wird deren Tod der ganzen „Wirthschaft" angezeigt; den Rindern im Stall und den
Bäumen im Garten, besonders denen, die der Todte selbst gepflanzt, wird dessen Hinscheiden
verkündet, sie würden sonst trauern und die Bäume würden jahrelang keine Frucht mehr
tragen. Insbesondere eilt man alsbald zu deu Bienenstöcken nnd rnft hinein: „Liebe
Bein' (Bienen), der Bauer ist g'storibn (gestorben)".
Die Leiche wird möglichst schön auf das „Brett" gelegt uud aufgebahrt, den Rosen-
kranz, den man ihr einst in das erste Bad gelegt, um die gefalteten Hände, ein Crucifix
zu Häupten, ein Licht zur Seite Tag nnd Nacht. Nachbarn, Bekannte und Verwandte
kommen unter Tags die „Leiche anschalten" uud dabei zu beten; Abends aber versammelt
sich die ganze Nachbarschaft zum „Gaumen" oder Nachtwachen. Dabei werden Rosenkränze
und Litaneien gebetet und Trauerlieder gesungen. In den Zwischenpausen wird den
Trauergästen Brod, Most nnd Branntwein gereicht.
Das Brod spielt überhaupt eine bedeutsame Rolle in den Todtenbräucheu: Brod
reicht man, wie gesagt, beim „Nachtwachen", Brod bekömmt der Bote in jedem Haus,
wohin er die Einladung zur Theilnahme an der Beerdigung bringt, ein Laib Brod wird
allen gereicht, die zur Beerdigungsfeier in das Tranerhans treten, und jeder schneidet sich
ein Stückleiu davou ab, mit Brod und Branntwein werden die Leidtragenden vor Beginn
des Condnctes bewirthet, Brod erhält der Fnhrmauu, der die Leiche zum Friedhofe führt,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch