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Bauer mit seinem Gesinde zu einer Familie verwächst, über die er mit patriarchalischer
Autorität gebietet, doch ergebe» sich aus den nämlichen Umständen auch mancherlei
Nachtheile, zu denen in erster Linie die Unmöglichkeit zählt, im Falle eines Brandes einen
Theil des Hofes vor Einäscheruug zu retten. Die einheitliche Geschlossenheit des Grund-
besitzes und die Absonderung der einzelnen Familien machen den Bauer zum alleinigen
Herrn auf seinem Gebiete und erfüllen ihn mit jener Befriedigung, die aus dem Bewußtsein
unumschränkten Besitzes erwächst. Allerdings steigert sich diese Freude öfter zum protzen-
haften Dünkel, der Alles geringschätzt, was nicht auf einem Eigenhof sitzt, und im Vereine
mit angeborenem Starrsinn gar oft die Quelle von Grenz- und Wegstreitigkeiten wird,
deren theuer erkauftes Resultat kein anderes ist als die Befriedigung, Recht zu behalten.
Zwar herrscht fast im ganzen Lande der gleiche Typus, sowohl was den Grundriß
als auch den Aufbau der Höfe anbelangt, doch hat die Laune des Erbauers oder die
Rücksicht auf gesteigerte Bedürfnisse im Laufe der Zeit den ursprünglichen Typus
mannigfach abgeändert. Wohlhabende Bauern haben schon in älterer Zeit auf ihr Wohn-
haus ein Stockwerk aufgesetzt, um geräumigere Fruchtböden und behagliche Wohnräume
einzurichten. Außerdem sind innerhalb gewisser Grenzen in verschiedenen Landestheilen
eigenthümliche Variationen des gemeinsamen Typus zu beobachten. In älteren Höfen ist
der Pferde- oder Ochsenstall im Wohnhause untergebracht, an der unteren Traun und in
den Niederungen des Machlandes tauschen Scheune und Rinderstall ihren Platz. Westlich
vom Hausruck herrscht bis auf den heutigen Tag der Blockbau vor. An der oberen Krems
finden sich dagegen Steinbauten aus dem XVI. Jahrhundert, und der Spruch: „Die
Wartberger haben weiße Häuser und schwarzes Brod", scheint zu beweisen, daß der
Steinbau daselbst seit älterer Zeit die Regel ist, obwohl auch östlich von der Traun der
Blockbau bis vor wenigen Jahrzehnten nicht selten war. Heute finden sich davon nur
spärliche Reste, da Wohnräume und Stallungen durchwegs gemauert sind; nur die
mitunter hübsch geschnitzten Tramböden der Stuben haben sich selbst in gemauerten Häusern
noch ziemlich häufig erhalten. Indeß hier der erste Stock als ein Luxus der neueren Zeit
betrachtet werden kann, ist er ain Hallsruck uud am Inn selbst in den ältesten Holzbauten
Regel. Die Fa^ade dieser alten Häuser ist ferner durch den Schrott, das heißt durch eine
Galerie belebt, die unter den Fenstern des ersten Stockwerkes hinläuft und im Vereine
mit mancherlei decorativem Beiwerk diesen Bauten einige Ähnlichkeit mit dem Alpenhause
verleiht. Zwischen Inn und Hausruck sind zwar Wohnhaus, Stallungen und Scheune
wie in den übrigen Bezirken auch im Quadrate angeordnet, doch stehen sie nicht unter
einem Dache wie weiter östlich, sondern die vier Tratte sind an den Ecken nur durch Thor-
bögen mitsammen verbunden. Auch in der Dachnng weichen die Häuser des westliche»
Gebietes ab; hier tritt au Stelle des Strohdaches eiu flaches, weit ausladendes Holzdach
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch