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sondern durch die Handlung selbst voll Leben und poetischer Wahrheit. Portrefflich der
Gegensatz der älteren und jüngeren Generation in bäuerlichen wie höfischen Kreisen,
vortrefflich die Charakteristik der einzelnen Gestalten in ihrer sinnlichen Kraft und zugleich
typischen Geltung. Etwa zwei Jahrzehnte später, als das höfische Epos bereits verblühte
und andere, die an seinen Traditionen noch festhielten, wie Konrad von Würzbnrg, sich
wenigstens gehaltreicheren Stoffen zuwandten, dichtete der Pleier, ein Bürgerlicher aus
der nachbarlichen Grafschaft Pleien, im Dienste des Schärdinger Patriziers Wimar
Frnmesel, mit Anlehnuug und reichlichen Reminiscenzen an seine großen Vorgänger
Hartmann, Wolfram und Andere, nicht minder aber an die im österreichischen Alpen-
gebiete heimische Volkssage drei breit ausgesponnene Artusromane von sonst wenig oder
gar nicht bekannten Helden.
Aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts ist anch znm ersten Male eine
Aufführung eines geistlichen Schauspiels in einem oberösterreichischen Kloster (St. Florian)
ausdrücklich bezeugt; solche Aufführungen blieben dann nachweislich bis in den Anfang
des XVII. Jahrhunderts in unseren Klöstern in Übung.
Der Ausgang des Mittelalters ist für die deutsche Literatur in Oberösterreich eine
unfruchtbare Epoche, und schwerlich ist aus der Poesie des XIV. und XV. Jahrhunderts
etwas von Bedeutung namhaft zu machen, was man mit einiger Berechtigung dem Lande
ob der Enns zuweisen könnte. Seit der Gründung der Wiener Universität aber entzog
dieser neue Brennpunkt geistigen Lebens manche hervorragende Kraft, die sich erfolgreich
au der Pflege der Wissenschaft, auch des neuen Humanismus betheiligte, ihrer engeren
Heimat. Und daran änderte für diese auch die Regierung des kunstsinnigen Maximilian I.
nichts, der am 1. März 1500 der Stadt Linz das Schauspiel einer Dichterkrönung bot,
wozu der Humanist Celtes eiu lateinisches Schauspiel dichtete.
Das neue Jahrhundert aber brachte die Reformation, und trotz der gleich vom
Anfang an feindseligen Haltung Ferdinands I. gewann der Protestantismus in Ober-
österreich rasch unter allen Ständen eben so zahlreiche als eifrige und treue Anhänger.
Mit ihm zog ein reges geistiges Leben ein. Zeugniß dessen die blühenden Lateinschulen zn
Steyr und Linz, an deren letzterer lateinische Dichter, wie Calaminns und noch im
XVII. Jahrhundert Gelehrte wie Megiser und Kepler wirkten, der Aufschwung des
Buchhandels, besonders in Linz, wo der Buchdruck erst jetzt (um 1615) eine feste Stätte
fand, und die Begründung der landständischen Bibliothek, deren Vorstand der genannte
Megiser war.
Mit dem Protestautismus aber hängt auch, abgesehen von dem berufsmäßigen
Erstlingswerk des Linzer Pritschmeisters Hans Weidenfelder, der seine poetische Thätigkeit
bald in Niederösterreich erfreulicher fortsetzte, so gut wie Alles zusammen, was von deutscher
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch