Page - 223 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
Image of the Page - 223 -
Text of the Page - 223 -
223
So wie die ganze Gothik überhaupt die That des der kirchlichen Schnle entwachsenen
Laienthnms bedeutet, sv machten auch die Bauhütten der großen Dome den Anfang zu
jenen festen Verbänden der Bauleute, welche Constructionen und Formen zünftig hüteten
nnd handhabten, wenn auch dabei das Individuum eine gewisse Selbständigkeit behielt.
Es wäre Gegenstand einer fachmännischen Untersuchung, den Einflnß der Regensburger
uud der Wiener Bauhütte auf die Bauthätigkeit Oberösterreichs zu ermitteln: sicher aber
ist dieselbe auch reich au ganz antochthonen Elementen, welche mit jener gesunden Kraft
verarbeitet wurden, die ebensosehr in der Snbtilitäten abholden Stamniesart, als auch
in der Beschaffenheit des verfügbaren Steinmateriales, Granit nnd Nagelflne, ihre
Erklärung findet.
Unsere Gotteshäuser siud meist Halleukircheu ohue Querhaus, uud es ist eine Eigen-
thümlichkeit der Kirchen Oberösterreichs, daß die meisten derselbe» zweischiffig sind, daher
die schlanken Säulen in der Mittellinie aufschießen. Der Chor ist meist ans dem Achteck
gebildet und sehen wir oft seine Axe gegen jene des Langhauses einen merkbaren Winkel
einschließen, angeblich ein mystisches Symbol für die Neigung desHauptes des Gekreuzigten.
Der Thurm ist gewöhnlich der Westseite vorgebaut uud mit einem Walmdache gedeckt,
während eiu hohes uud steiles Satteldach sich auch bei mehreren Schiffen über das ganze
Langhaus breitet. Selbst bei jenen größeren Kirchenbante», bei welchen der Thurm auf
einer der Laugseiteu, meist die nördliche, angeordnet ist, haben wir es immer nur mit
Einem Thurme zu thun.
Eine Eigenthümlichkeit des Jnnviertels bilden die aus dem Viereck ins Achteck über-
gehenden Thürme, eine Banweise, welche dort auch die Renaissance beibehielt. Allenthalben
hat die Barock- und Rococozeit die meisten Kirchthürme mit ihren gebauchten Kuppelu
bedacht, ohne indeß das mittelalterliche Kirchendach zu modificireu. Außer Taufbecken
nnd Kauzelu wareu die, meist auf der Evaugelieuseite angebrachte», in Stein gearbeiteten
Sacramentshänser, ehemals zur Aufbewahrung des Allerheiligsten bestimmt, ein besonders
geeigneter Vorwurf für decorative Conceptionen. Die zierlichsten derselben sind jene zu
Lorch, Steyr uud Gamperu.
, Oberösterreich ist überhaupt reich an schönen Kirchenbauten dieser Epoche. Nebst
der lebensvolle», äußerste Waudreductiou zeigenden Pfarrkirche in Steyr, der köstlichen
Margarethenkapelle, der einfachen, aber ebenso edlen als großräumigen Pfarrkirche zn
Mondsee uud der originell gedachten Spitalskirche zu Braunau gibt es noch überaus viele
La»dkirche«, welche theils durch Anlage theils dnrch Ausbildung der Formen geradezu
hochinteressant zu nennen sind. So z. B. die Pfarrkirche zu Pucheuau, Köuigswiefeu,
Pabneukircheu, Pischelsdorf, Eugelhartszell, Oberschauerberg, Eferdiug, Vöcklamarkt,
Gampern, Hallstatt, Laakirchen, Wartberg, Kematen n. s. w.
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Volume 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch