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die geringen Stockwerkshöhen, die spitzbogige tiefgekehlte Pforte nnd die dichtgedrängten
Fenster mit geradem Sturze, endlich durch breite Erkerausbauteu auf vorkragenden
Segmentbögen mit einem an die zurückgesetzte Giebelmaner aufragenden Vordache. Im
Übrigen war der Aufbau sehr mannigfaltig und nicht durch Symmetrie gebunden, wodurch
diesen Bauten, wie sie unseren alten Städten, namentlich Steyr, noch heute ihr eigen-
thümliches Gepräge verleihen, eine malerische Wirkung innewohnt, der gegenüber man den
modernen Stadtregulirungen nngerne Fortschritte wünscht. Die innere Raumdispositiou
entwickelt sich aus einem breiten gewölbten Flur; eine schmale steile Treppe führt zu dem
meist auf Tragsteinen gebauten und überwölbten „Lanbengang", der den Zugang zu den
Wohnräumen vermittelt. Auf schmalem, aber tiefem Grundplane angelegt, dicht aneinander-
gereiht, stießen die Häuser mit ihrer Trauflinie oft ganz zusammen; es entwickelte sich daraus
das Grabendach mit der gemeiuschastlichen „Zwnselrinne", welche, nach der Gassenseite
weit vorragend, das Traufwasser zweier Häuser ableitet — eine Construetion, welche, zur
Überdeckung auch großer Gebäude verwendet, sehr lange ihre Herrschaft behauptete.
Recht charakteristisch ist das bildlich vorgeführte Haus, Stadtplatz Nr. 8, in Steyr,
das sogenannte „Bummerlhaus", sowie der Hof des benachbarten „Apothekerhauses"
ebendaselbst — Objecte, welche um so werthvoller erscheinen, als die „Stadterweiterungen"
im Begriffe stehen, die schönen Befestigungen und vielfach anch die alten Häuser vou Wels,
Schärding uud Freistadt, damit aber auch das immer seltenere Städtebild des Mittel-
alters und der Frührenaissance zn verschlingen; ja selbst der schöne Stadtthurm von Enns
war eine Zeitlang in Gefahr, der Förderung des Verkehres zum Opfer zu fallen.
Elastik und ^Nalcrei.
Gleichwie in Ansehung der Architektur habeu wir es auch bezüglich der Plastik und
Malerei während des ganzen Mittelalters mit eiuer vou Westen kommenden Anregung
und Befruchtung zu thun, ebenso wie in der Periode der Renaissance und ihrer Weiter-
entwicklung mit einer solchen ans dem Süden, bis endlich die Neuzeit das merkwürdige
Product sich kreuzender und ergänzender Strömungen darstellt.
Die großen Stätten des Kirchenlebens und der kirchlichen Kunst im benachbarten
Baierlande, zugleich die hierarchisch vorgesetzten Bischofsitze Passau und Salzburg übten
ebensosehr ihren bestimmenden Einfluß auf die künstlerische Thätigkeit im Lande ob der
Enns vom XI. bis zum XV. Jahrhundert, wie die rheinische, die fränkische und die baierische
Schule auf unsere bildende Kunst des XV. uud XVI. Jahrhunderts. Die Früchte zeitigten
östlich des Hausrucks allerdings mit der gleichen Verspätung, mit der wir die Architektur
Oberösterreichs die Erfahrungen des westlichen und südlichen Deutschlands anwenden
sahen. Ist auch eine locale Eigenart an den ältesten Denkmalen unserer Knnst schwer zu
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch