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Geschenke gemacht. Keinesfalls scheint Thieinos Gabe erst die Anregung zur Übung der
Bildhauerkunst im alten Stifte an der K?ems gegeben zu haben, vielmehr eher eine sinnige
Anerkennung ihrer Pflege gewesen zn sein. Wissen wir ja, daß die Mönche von Krems-
münster ihrem Abte Ehrenbert, sowie dem Bischöfe Engelbert vou Passau (1045 bis 1065)
ein prachtvolles Denkmal setzten.
Zu den nächstältesten Repräsentanten unserer Bildhauerei zählen jene beiden poly-
chromen Holzstatuen des heiligen Florian aus dem XIII. Jahrhundert, welche den einstigen
Münster des Stiftes zierteu. Die Gestalten sind derb und bansbackig. ausdruckslos und
steif wie die Gewandung. Dasselbe Stift besitzt auch in seiner Kunstsammlung eine poly-
chrome Statue der heiligen Jungfrau mit dem Jesukinde aus gebräuntem Thon, wohl
von handwerksmäßiger Ausführung, aber hochinteressant als Reliquie der Modellirkuust
unserer alten Töpfer.
Hatte man sich in der ersten Zeit mit einzelnen farbigen Holzstatuen uud mit gemalten
Schreinen uach Art der griechischen Triptycha begnügt, so gab die Einführung der Flügel-
altäre in der gothischen Epoche eine bedeutungsvolle Anregung der Bildhauerei, welche au
dem großen geschnitzten Mittelbilde, den beiderseitigen beweglichen Flügeln und au der
kühn aufftrebeudeu Bekröuuug von Statuen, Baldachinen und Fialen bis hinauf zum
Gewölbe eine Fülle der lohnendsten Aufgaben finden mußte. Ein solcher Altar ist denn
auch die bedeutendste Leistung der mittelalterlichen Kunst im Laude ob der Euus und
vielleicht in Österreich überhaupt. Wir meinen den populär gewordenen Altar zu St. Wolf-
gang, jenes herrliche Schuitzwerk, welches aus dem mystischen Halbdunkel des Gotteshauses
in farbiger, goldschimmeruder Verklärung uns entgegentritt, um uns gefangen zu nehmen
und uns einen Eindruck für das Leben mitzugeben. Abt Benedict von Mondsee bestellte
den Altar, welchen Meister Michael Pacher von Brnnneken, Schnitzer und Maler,
1481 vollendete.
Dem Marien-Cultus entsprechend ist der Gegenstand des Hauptbildes im Schreine
die Aufnahme der heiligen Jungfrau als Himmelskönigin dnrch Christum. Die Gebenedeite,
die alles Irdische abgestreift hat nnd mit ewiger Schöne begnadet betend vor ihrem göttlichen
Sohne kniet, sie hört nurmehr das letzte Segenswort, das der ans dem Throne sitzende
Heiland voll Milde nnd Weihe mit erhobener Rechten zu ihr spricht. Während über beiden
die Taube des heiligen Geistes ihre Fittiche breitet, umgeben sie Engel, welche die langen
nnd faltenreichen Mäntel Christi und Mariä tragen, Psalmen singen und in Posaunen
stoßen oder den Teppich hinter den Thronen halten, gewärtig, daß die Gekrönte den noch
unbesetzten Platz einnimmt. Durch Pfeilerbündeln von dem Himmelsdome getrennt sehen
wir noch innerhalb des Schreines den heiligen Wolfgang mit dem Modelle der Kirche und
rechts den heiligen Benedictns im Ordenskleide, außerhalb des Rahmens aber stehen auf
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch