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eine Persönlichkeit aus dein Hofelerns und der kaiserlichen Kanzlei, aus welcher durch
Jahrhunderte die große Mehrzahl aller Bischöfe hervorgegangen ist.
Kein Zweifel, daß ein solches Verfahren den canonischen Gesetzen nicht ganz
entsprach; kein Zweifel aber auch, daß es eine nothwendige Folge des Systems war, das
Reich auf die Bischöfe zu stützen und die Reichsgüter in Kirchengüter zu verwandeln.
Wie sollte das Reich bestehen, wenn man die Besetzung der Bisthümer aus der Hand gab?
Es war klar, wohin es kommen mußte, wenn vom Standpunkte der strengen kirchlichen
Auffassung diese Zustände als unerträglich und verwerflich erklärt wurden. Nun waren
aber das X. und XI. Jahrhundert eine Zeit fortwährenden und raschen Steigens einer
überaus strengen und eifrigen kirchlichen Gesinnung, die Zeit der Gründung zahlreicher
neuer Orden, eines Auflebens der theologischen Studien, einer allgemeinen nnd starken
Begeisterung für das christliche Lebensideal. — So trat die Katastrophe mit Wucht und
Schnelligkeit ein. Man bezeichnet sie als den Jnvestitnrstreit, denn um die Besetzung der
Bisthümer dreht sich in erster Linie dieser erbitterte Kamps zwischen Papst und Kaiser.
Niemand war in schwierigerer Lage als die Bischöfe, welche sich durch ihr geistliches Amt
auf die päpstliche, durch ihre politische Stellung auf die kaiserliche Seite gedrängt sahen.
Es ist nun überaus bezeichnend für den Geist, der im Salzburger Clerus lebte, daß
während der langen Zeit dieser Kämpfe sämmtliche Erzbischöse ohne Ausnahme auf der
Seite des Papstes standen. Es war eine eifrige, von dem weltlich-politischen Wesen wenig
berührte Diöcese. Als im Jahre 1076 der Streit zwischen Papst und Kaiser aufflammte,
saß auf dem Salzburger Stuhle Erzbischof Gebhard. Er hatte sich bereits als außer-
gewöhnlich eifriger und thätiger Hirt bewiesen, und zwar besonders dnrch die Gründung
des Benedictinerstiftes Admont und des Bisthums Gurk. Daß ein Erzbischof ein neues
Bisthum gründete, war etwas Ungewöhnliches. Die große Ansdehuuug des Salzburger
Sprengels über mehrere durch hohe Gebirgsketten getrennte Landschaften gab hierzu die
Beranlassuug, obwohl die sehr geringe Ausdehnung der neuen Diöcese daraus hindeutet,
daß es Gebhard weniger um eine Verkleinerung seines Amtsbezirkes als um die Schaffung
eines Helfers und Stellvertreters zu thun war. Als es nnn daranf ankam, Partei zu ergreifen,
zögerte Gebhard nicht, sich gegen den Kaiser zu erklären. Er ließ die Hanptstützpnnkte der
erzbischöflichen Macht, Hohensalzbnrg nnd Friesach, sowie den Platz Werfen befestigen,
der die Verbindung zwischen beiden beherrschte. Da aber König Heinrich siegreich in
Süddentschland erschien, floh Gebhard zu Heinrichs gefährlichsten Gegnern, den Sachsen,
als deren Führer und Sprecher bei Verhandlungen er erscheint. Bald wurde er mit allen
seinen Gesinnungsgenossen für abgesetzt erklärt nnd vom Kaiser ein Gegenerzbischof
eingesetzt. Berthold von Moosburg. Mehr als zwanzig Jahre dauerten die Kämpfe
zwischen diesem und Gebhard und dessen Nachfolgern. Es gelang Gebhard noch einmal,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch