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Es scheint, daß die Vereisung der Gebirge hier so tief herabreichte, das Land so
unwirthlich und ungeeignet znr menschlichen Besiedeluug war, daß selbst der gewiß nicht
verwöhnte Jäger der Eiszeit seinen Wohnort außerhalb dieser Gletschergebiete suchte.
Aber auch an Pfahlbauten oder Landausiedelungen der späteren Steinzeit ist
Steiermark ansfallend arm. Nur in Gleichenberg ließen sich in trichterförmigen Grubeu
unter Aschenhaufen einige Gefäßtrümmer und Steinwaffen finden, welche Zeugniß dafür
ablegen, daß hier wie in Niederösterreich, Ungarn u. s. w. unter gleichen Bediuguugeu sich
die Ansiedler der Steinzeit niedergelassen hatten. In Untersteiermark sind einzelne Stein-
hämmer und Steinmeißel nicht selten und wurden dort in den slovenischen Bauerugehösteu
sorglich aufbewahrt als ein Curiofum.
Der durchbohrte Steiuhammcr, den der sloveuische Winzer in der Erde findet, ist
für ihn nämlich ein seltenes Naturproduct. Der Blitz hat ihn geformt und das Loch
durchgeschlagen, weßhalb er ihn auch de« Donnerstein nennt. Sein Besitz bewahrt das
Haus vor Feuerschaden und bringt auch dadurch mauuigsaltigeu Vortheil, weil, wie der
Laiidmann meint, das von diesem Steinhammer abgeschabte Pulver mancherlei Krank-
heiten bei Menschen nud bei Thieren heilen soll. Die Erinnerung an den Gebrauch der
Steinwaffen ist offenbar der Gesammtheit der Bevölkerung gänzlich abhanden gekommen.
Die Leute stehen auf dem Standpunkte der Naturforscher des XVII. Jahrhunderts, welche
nicht nur die Steinwaffen, sondern auch die Urnen als Producte des Bodens ansahen und
glaubten, daß unter gewissen abnormen mystischen Verhältnissen solche Gefäße und Stein-
gebilde dem mütterlichen Boden entwachsen könnten. Diese Anschauung hindert aber nicht,
daß die Slaven den Steinwaffen eiue besondere Werthschätzung angedeihen lassen und sie
mit abergläubischer Verehrung betrachten.
Für die Behausung Steiermarks durch die später eingewanderten metallkundigen
keltischen Völkerstämme legen manche sehr reiche Gräberfunde beredtes Zeugniß ab, obwohl
im Ganzen das Land doch auch weniger reich an großen Fuudstätteu dieser Epoche ist,
als man erwarten durfte. Durch seine reichen Mineralschätze sowohl, als durch seine
geographischeLage sollte gerade Steiermark ein besonderes ergiebiges Gebiet vorgeschichtlicher
Forschung sein. Durch Steiermark und Kärnten ging die große Völkerstraße, der Verkehr
des Nordens nnd Ostens von Europa mit Italien vor nnd nach der römischen Occupatio«.
Abgesehen von den Flüssen und Flußthälern waren es die Alpenpässe, welche deu
Verkehr vermittelten, über welche die keltischen und germanischeu Völker nach dem Süden
drängten oder die römischen Legionen heraufgezogen kamen, um dauernd von diesen
Provinzen Besitz zu ergreifen.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese römischen Eroberer selbst schon die Gräber
und nationalen Monumente der Eingebornen zerstörten uud beraubten, denn, Ivo immer
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch