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neuen, wällischen, größtentheils üppigen Gesänge", setzten die Leiter der Stiftsschnle und
Kirche noch kurz vor deren Sperre uud der Vertreibung der Protestanten (1598) erfolg-
reichen Widerspruch entgegen. Bald nach der Aufhebung der evangelischen Stiftsschule ward
die Stiftung des Ferdinandenms vollendet; die darin befindlichen Alumnen wurden
verpflichtet, beim Gottesdienste in der Jesuitenkirche musikalisch mitzuwirken, und erhielten
daselbst zu diesem Behufe Unterricht. Außer in der Kirche bekam das Volk bis weit in das
XVIII. Jahrhundert hinein nur selten gute Musik zu hören. Manche Gelegenheit dazu
fand sich mitunter bei großen öffentlichen Festen, deren es namentlich während des
Aufenthaltes des landesfürstlichen Hofes in Graz ziemlich viele gab. Bei einem solchen
Feste im Jahre 1571 gab es außer Vorträgen von Stücken für Lauten und Zithern,
Querpfeifen, Geigen, Zinken uud Posaunen auch Vorträge von Madrigalen durch Damen.
Weiten Kreisen von Zuhörern zugänglich wareu die seit dem Jahre 1574 gewöhnlich
bei Beginn des Schuljahres und bei andern erfreulichen Anlässen von den Jesuiten im
Theater oder manchmal auch in dem großen Hofraume der Universität uud da vor
Tausenden von Znhöreru veranstalteten Schuldramen, bei welchen Musik wohl selten
gefehlt hat. Manche dieser Schauspiele wurden ausdrücklich als Melodramen oder als
„singende Schauspiele" bezeichnet, namentlich seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts.
Auch in der evangelischen Stiftsschule uud deu Jesuitencollegieu zu Leobeu, zu Judeu-
burg und im Stifte Admont, welches sich die Pflege der Musik stets sehr augelegen sein
ließ, fanden bisweilen solche Aufführungen statt. Von der Musik zu all diesen Schauspielen
scheint gar uichts mehr vorhanden zu seiu, wohl aber hat sich vollständig ein musikalisches
Drama erhalten, welches geeignet erscheint, von der Art jener Dramen und der Musik
dabei eine ziemlich genaue Vorstellung zu vermitteln, und hier um so weniger unerwähnt
bleiben darf, als der Compouist desselben ein Steiermärker von weltgeschichtlichem Rufe
war, nämlich Kaiser Ferdinand III., der 1608 in Graz geboren wurde und hier die ersten
vierzehn Lebensjahre zugebracht hat. Das in italienischer Sprache geschriebene Drama
stellt den Sieg der göttlichen Liebe über die irdische dar. Als singende Personen treten
darin die göttliche Liebe, die irdische Liebe, der Jüngling uud das Gericht auf, überdies
vier- bis achtstimmige Chöre; Recitative, Arien uud Chöre wechseln mit Sonaten von vier
Violen ab. Die Musik ist ganz im Stile der Italiener. Auch andere Compositionen des
Kaisers, wie namentlich ein Psalm, eine Hymne für die Weihnachtszeit, ein madrigalartiger
Gesang, lassen den Einf luß der italienischen Musik, welchem die Erlösung der
Melodie aus den Fesseln der kunstvollen uud allzu oft nur gekünstelten Polyphonie zu
verdanken ist, deutlich erkennen.
Neben den Schnleomödien und Dilettantenvorstellungen gab es ab uud zu, im
XVII. Jahrhundert schon sehr hänfig Schanspiele aller Art, welche von Gesellschaften
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch