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Österreichs aufzuweisen, es ruht eine Kraft uud eine Glut iu seinen Versen, welche an den
sonnendurchstrahlten Himmel Italiens und Griechenlands mahnt, woher er so gerne die
Stoffe zu seinen epischenGedichten nimmt. Die gewaltigeSpracheHamerlings ist volltönend
und edel, sein Versbau einfach und streng. Nie gestattet er sich den geringsten Übergriff in
der Form, nie wagt er es, einen banalen Gedanken niederzuschreiben. Jedes auch der
kleineren Gedichte ist daher ein Kunstwerk für sich, denn auch im Liede ist er Meister, mag
er kurze gereimte Verse oder die von ihm so gern gepflegte Gattung der Hymne wählen,
in welcher er sich so oft zum dithyrambischen Fluge erhebt. Selbst die nordische Scenerie
im „König von Siou" gewinnt unter Hamerliugs farbenreichem Pinsel warme Farben
und seine Helden und Heldinnen zeigen erhöhtes Leben und Bewegung. Der einzige Roman,
den er geschrieben: „Aspasia" weist uns seine Vorliebe für den classischen Stoff und das
sudliche Colorit. Auch iu diesem Romane pnlsirt warmes Leben, auch in ihm pries er
wie in so vielen seiner Lieder die Ideale der Schönheit und Kunst, deren begeisterter
Prophet er ist. Der antiken Welt gehört auch die epische Dichtung Hamerlings: „Amor
und Psyche" an; in schneidender Satire bewegt sich das „moderne Epos": „Homnnculus".
Von seinen dramatischen Werken, zu denen auch ein Lustspiel: „Lord Lucifer" zählt, zeugt
insbesondere „Danton und Robespierre" von gewaltiger Gestaltungskraft; die kunstvolle
Diction dieses Trauerspiels erinnert nicht selten an die Dramen der deutscheu Geuieperiode.
Hamerliug ist ein echter Dichter in des Wortes edelster Bedeutung.
Neben Hamerling muß der von ihm in die Literatur eingeführte echte Sohn seiner
steirischen Heimat P. K. Rosegger (geboren 1843) genannt werden, eine Dichtergestatt,
welche in den heimischen Bergen und Wäldern und durch dieselben auch in Deutschland zu
hoher Bedeutung gelangt ist. Nie hat sich zuvor ein Poet so wie Rosegger in das Leben
und Gemüth des Volkes versenkt, in dem er freilich aufgewachsen ist. Aber wer des einstigen
Bauernburschen Lebeusbuch kennt und sein Geschick und sein Streben verfolgt, muß über
die Beharrlichkeit einerseits, über die hohe immer mehr zur Entfaltung gebrachte Begabung
anderseits staunen, welche iu diesem Geiste zu Tage trat. Rosegger hat zuerst durch Dialect-
gedichte voll Ursprüuglichkeit und Originalität auf sein Talent aufmerksam gemacht, es ist
nicht Aufgabe dieses Kapitels auf seine mundartliche Dichtung einzugehen, hinzuweiseu aber
ist auf seine novellistischen Schriften, auf die vou ihm gezeichneten Charaktertypen, deren
Originale nach dem Leben so naturgetreu entworfen erscheinen, hinzuweisen ist auf seine
Beobachtungsgabe des Volkslebens, auf seine Schilderungen des Waldes und der Berge.
Fast immer ist es die gleiche Scenerie und doch stets eine andere, die er uns vorführt, in
welcher er seiue Helden, wirkliche und rechte Bauern, gewöhnlich auftreten läßt. Wie sehr
ihm die feinste Empfindung, die tiefste Innigkeit zu Gebote stehen, erweisen die „Schriften
des Waldschulmeisters", welche dem Bildhauer Braudstetter die Veranlassung zu dem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch