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Domenico de Lalio, der als „Ihrer römisch kaiserliche» Majestät oberster Baumeister
der innerösterreichischen Lande" sämmtliche Befestigungsbauten der oben genannten
steirischen Städte leitete, begann unter anderem 1558 den Neubau des Landhauses in
Graz, und zwar jener beiden Flügel, von denen der eine an den alten Rittersaal anstößt,
der andere die Front gegen die Herrengasse bildet. In der Fa^ade des letzteren erkennt man
ohne Mühe den in Venedig gebildeten Meister. Während das dorische Portal dem
deutschen Elemente einige Concessionen macht, zeigen die durch ein feines Säulchen
getrennten Doppelfenster des ersten und zweiten Stockwerkes venetianische Frührenaissance.
Dieser venetianische Charakter tritt noch mehr hervor in der (damaligen) Mitte des
Gebäudes, wo durch das Zusammenfassen von drei Doppelfenstern in beiden Stockwerken
eine Art Loggia gebildet wird, welche mit dem Balcon des zweiten Stockwerkes direct
auf Muster des Canal grande hinweist. Die prächtige, ganz in Quadern ausgeführte
Hofarchitektur zeigt drei übereinander ruhende dorische Pilasterhallen. Dieser imposante
Bau beschäftigte den Meister bis zu seinem 1563 erfolgten Tode; seine Schüler und ehe-
maligen Poliere Peter Tade und Benedict dela Porta de Riva vollendeten 1564 das Werk.
Am Landhause von Graz finden wir die Grundzüge der auf Steiermarks Boden
blühenden Frührenaissance angegeben; fast Alles, was durch nahezu hundert Jahre von
den Schülern und Nachfolgern des Meisters erbaut wurde, hat gemeinsamen Charakter.
Besonders originell und typisch für diese steirische Localschnle der Architektur sind die
zwei- oder dreigetheilten Rundfenster, durch ein, beziehungsweise zwei in ein Drittel
der Höhe unterbundenes Säulchen getrennt, — ein Motiv, das uns sonst nirgends auf
deutschem Boden bekannt ist. Die bedeutendsten Werke der de Lalio'schen Schule sind
folgende: das Schloß Ratmannsdorf in Weiz mit vier Eckthürmen, 1555 erbaut, vielleicht
von de Lalio selbst, jedenfalls aber ans seiner Schule. Von der Innenausstattung dieses
Schlosses hat sich ein, jetzt in Grazer Privatbesitz befindliches meisterhaft getäfeltes
Zimmer erhalten, laut Inschrift 1564 von deutschen Jntarsisten im Stile der deutschen
Renaissance ausgeführt, ein Beweis, daß selbst damals, als die große Architektur in den
Händen der Italiener lag, die Jntarsisten, die Schreiner und die Meister der sogenannten
Kleinkunst Deutsche waren. Ferner nennen wir die Prunkstiege in der k. k. Burg zu Graz,
wahrscheinlich zwischen 1568 und 1570 von dem Schwiegersohn de Lalio's Marco Dionisio
Tade erbaut. Sie lehnte sich an den alten, der Tradition nach von Kaiser Friedrich III.
erbanten Flügel der Burg an und wurde 1854, da letzterer banfällig erklärt wnrde, mit
diesem demolirt. Die Hofpartie des Schlosses Hollenegg, mit der ganz im Geiste de
Lalio's concipirteu malerischen Treppe von 1577; der sogeuauute Riudscheit'sche Tract
des Landhauses, eine von Antonio Marmoro mit fast unmerklichen Abänderungen durch-
geführte Fortsetzung der Hauptfa^ade und der Hofarkaden des Landhauses gegen Süden,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch