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hoch stellen, zum Theil schon infolge der Gebirgslage des Landes, da von der gesammten
landwirtschaftlichen Culturfläche im Ausmaße von 1,019.544 Hektar nur 15 Procent
in der Ebene sich befinden. Dazu kommt, daß die bebauten Grundstücke im Flachlande
überwiegend aus Geröllboden bestehen, während die Hügel- und Höhenlagen zumeist
schwerere Bodenarten aufweisen, die sehr oft, was insbesondere von den Wiesen gilt, von
Wasseradern durchzogen und versumpft sind. Nicht miuder erschweren und vertheuern die
häufigen und starken Niederschläge den landwirthschaftlichen Betrieb, der noch ganz beson-
ders durch rauhe Winde, Frost und Hagel zu leiden hat. Diese uugünstigen Witterungs-
verhältnisse bewirken, daß die kurze, oft nur auf einzelne Tage zusammengedrängte für die
Feldarbeit günstige Zeit so rasch und voll als möglich ausgeuützt, ja besondere Vorsorge
getroffen werden muß, um der Ungunst der Witterung einigermaßen begegnen zu können.
So findet man auf jeder Wiese des Oberlandes einen eigenen Schupfen — Heustadl
genannt —, um das auf Hiefelstangen oder Pyramiden mühsam getrocknete Heu im
günstigen Augenblick rasch unter Dach bringen zu können. Ans diesen Hiefelstangen und
Pyramiden werden auch die Getreidegarbeu getrocknet, welche des rascheren Erfolges
wegen einen Durchmesser von nur 25 bis 30 Ceutimeter erhalten. Solcher künstlicher
Trockenvorrichtungen bedient sich auch das Mittelland, welches zum Schutze der Heu-
vorräthe im Freien das ambulante Schutzdach besitzt, das aus einem auf vier oder sechs
in deu Boden eingerammten Pfählen verschiebbaren Flug- oder Zeltdach besteht.
Wesentlich verschieden hiervon ist das Trockenhaus, das im Unterlande unter der
Bezeichnung „Harpfe" in allen slovenischen Bezirken im Gebrauche steht. Die Harpfe ist
ein auf gemauerten oder hölzernen Säulen aufgeführter an der Stirnseite halb offener
Schupfen, dessen Wände dnr.ch Lattengerüste gebildet werden, und dient dazu, dem beladenen
Erntewagen bei drohendem Unwetter oder über Nacht ein schützendes Dach zu gewähren
und die Feldfrüchte zum Trocknen auf dem Lattengerüste aufzuhängen. Dieses Trockenhaus,
nicht uninteressant durch seine eigenthümliche Bauart, ist auch außerhalb Steiermarks dort
anzutreffen, wo dereinst Wenden ansässig waren, ohne daß es die ursprüngliche deutsche
Sprachgrenze überschreitet.
Ein weiterer Nachtheil für die Bewirthschaftung sind die nahezu unvermittelten
Übergänge der Jahreszeiten. Kaum daß die Schneedecke gewichen, beginnt unter dem Ein-
flüsse intensiver Sommerwärme die Vegetation sich rasch zu entwickeln, die nicht selten,
zumal im Monat Mai, kaltem Regenwetter, Schneestürmen und Frösten ausgesetzt ist und
empfindlich unter denselben leidet. Dazu kommt der große Arbeiternlangel infolge des
Umstandes, daß die kräftigen Leute beiderlei Geschlechtes mit Vorliebe industrielle Arbeit
annehmen, bei welcher sie besser bezahlt und während der freien Zeit an keinerlei beengende
Hausordnung gebunden sind. Zur Besorgung der landwirthschaftlichen Arbeiten verbleiben
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch