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erglänzt bei seiner Geburt und erlischt in seiner Todesstunde: Kam und Abels Sterne
sind uicht erloscheu, sondern leuchten noch im Sternbilde Kastor und Pollux.
Überreich quillt der Born der Legende. Die ältere Legendendichtung verfolgt dcu
Zweck, die Mythen des Heidenthnms vergessen zu machen. Nicht selten wurden nur die
Namen vertauscht, an die Stelle der früheren Dämonen christliche Heilige gesetzt, der
übrige Inhalt jedoch wenig geändert. Der heilige Elias vertrat den Donnergott Pernn,
der heilige Georg übernahm die Rolle des Drachentödters, der heilige Aloisins erscheint
als Mann im Monde, der heilige Andreas, der zweimal geboren wurde, erinnert an deu
sich erneuernden Sonnengott Svarozie, während die Legende vom heiligen Matthias
Anklänge an die Oedipnssage enthält. Die jüngeren Legenden stehen im Dienste des
Mariencultus. Außerdem entwickelt die Legendendichtung eine» fast vollständigen Canon
der Moral, wie sie durch das Christenthum dem Volke eingeprägt worden war.
Die Thiermärcheu endlich erzählen von der Wahl des Königs (xupun), vom
Zannkönig (kruljiö), der mit List den Storch, selbst den Adler im Hochfluge übertraf, vom
Esel, der den Löwen betrog und König der Thiere wurde; insbesondere ist der glorreiche
Kamps des treuen Haushundes Belln gegen den Wolf der Gegenstand des Thiermärchens,
während das Volkslied der Thiere Hochzeit darstellt uud vom Känzlein und der Eule siugt.
Die Sagen im engeren S inne sind jüngeren Ursprunges und knüpfen in vielen
Fällen an die Zeit der Türkenkriege an. Eine allgemeine Bedeutung wohnt ihnen nicht inne.
Die meisten sind Localsagen. Sie berichten von goldsuchenden Wälschen (Lrria. ?rst), von
heldenmüthiger Vertheidigung befestigter Kirchen (l'abor) und Schlösser (Aekovo),
Errettung gefangener christlicher Helden durch Türkemnädcheu, Befreiung geraubter Jung-
frauen aus türkischer Gefangenschaft, Vernichtung feindlicher Horden durch das Landes-
aufgebot. Andere, aus Schlössern und Burgeu heimisch, sind Geister- nnd Gespenster-
Geschichten oder bezeugen, daß Ritterleben und Ritterbranch anch durch das Kraiuerlaud
im Schwünge war, denn blutige Fehde, Mädchenranb nnd ritterlicher Zweikampf bilden
ihren Inhalt. Die Familien derer von Lueg, Ranber, Schnitzbaum, Lamberg, Rozek und
andere leben in diesen Sagen fort. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Volkslied, worin
der Zweikampf des kraiuischeu Ritters Lamberg mit dem Riesen Pegam geschildert wird.
Ähnlich klingen die Sagen von riesig starken Helden, die im Stande waren,
mit ihrer Körperkraft ein Saumpferd sammt dessen Last zu hebeu, einen beladenen Wagen
nmzukehreu uud selbst Meister Petz zu meistern. Solche waren Peter Klepec aus Osiluik
iu Uuterkrain, der einen hnndsköpfigen Türkengoliath überwand; Stempihar, dessen
Schauplatz Oberkrain nnd von dem das in ganz Krain bekannte Sprichwort stammt: stark
wie Stempihar; Martin Krpän, der, ein zweiter Lamberg, einen Riesen siegreich nieder-
schlug. Schon in diesen, noch mehr in anderen Sagen und Märchen, kommt der Volks-
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Volume 8
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kärnten und Krain
- Volume
- 8
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 23.03 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch