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mit des Gesanges Gabe gesegnet sind nnd der Quell des Volksliedes nie versiegt. Das
Volkslied ist die Blüte des nationalen Lebens. Wo dieses sich selbständig und eigenartig
entwickelt, stellt sich auch jenes ein nnd umgekehrt, läßt sich aus der Reichhaltigkeit des
Liederschatzes auf die Mannigfaltigkeit in den Äußerungen des Volkslebens schließen.
Wie aber das Volksleben in ein öffentliches und privates zerfällt, so gliedert sich das ihm
entsprechende Lied in den religiösen und historischeu, anderseits den häuslich-
lyrischen Sang. Aus dem Heideuthum hat sich kein Lied vollständig erhalten, sammt uud
souders sind sie mit christlichen Zuthaten versetzt. Doch läßt sich ihr mythischer Inhalt
unschwer feststellen. Hierzu gehören die Lieder vom Schlaraffenland, vom Wassermann,
Trdoglav, vom verzauberten Prinzen, den Vida entzaubert, von der schönen Vida, das
Gebräuchelied, sowie die Gesänge vom Kralj-Matjaz. Nach Einführung des Christen-
thums änderte sich naturgemäß das heidnische Gebräuchelied. Es verlor seine Bedeutung
oder wurde zum Kirchenlied. Dieses ist rein lyrisch, sofern es während des Gottesdienstes
gesungen wird, der episch-mythische Inhalt aber wandelte sich in die Legende um.
Das Volkslied begleitet die wichtigsten in das Leben des Volkes tief einfchueideudeu
historischen Ereignisse. Solche waren für Krain die Einfülle der Türken. Seit der
Vereinigung des Landes mit der Krone der Habsburger kämpften Krams Söhne in allen
Kämpfen uud Kriege», die das Geschick über die Gesammtmouarchie verhängte. Aber die
rnhmvollste Periode aller Slovenen, der Krainer im Besonderen, ist die Zeit der Türken
känipfe. Nicht nur unter der Führung österreichischer Feldherrn, sondern auch uuter dem
Banner ihrer eigenen Landesbefehlshaber Kazianer, Thnrn, Lenkovie, Rauber, der Grafen
Andreas nnd Herbart Anersperg nahmen sie einen selbständigen Antheil an jenen blutigen
Kämpfen gegen den Halbmond. Die Aufgabe, welche der erweiterten Ostmark zugefallen
war, die Wacht zu halten gegen die culturvernichtenden Scharen der Osmanen, halfen
auch die Krainer lösen zu ihrem nicht geringen Ruhme. Ihr Land war durch seine Lage
den Einfällen der bosnischen Begen vor allen ausgesetzt. Deßhalb wurden Städte uud
Schlösser befestigt, Kirchen und Friedhöfe in Tabore verwandelt, Signalfener bereit
gehalten. Hatte der Laudesfeiud die Kulpa überschritten, so verkündeten Flammenzeichen,
von Berg zu Berg aufleuchtend, durch das ganze Land die drohende Gefahr. Das ist die
Heldenzeit der Slovenen, die Glanzepoche in Krains Landesgeschichte. In diese fällt die
Entwicklung eines eigenen Volks- und Ritterlebens und damit im Zusammenhang eines
epischen Volksgesanges. Ans der Zeit der Türkenkämpfe stammen die balladen- nnd
romanzenartigen Lieder, aus ihnen schöpften die Volksdichter die mannigfaltigsten
Motive. Die Personen, deren Thaten gefeiert werden, sind theils einheimische Helden uud
Ritter, theils von den südslavischen Stammesbrüdern entlehnt, mit denen die Slovenen
in den Kämpfen an der Save uud Kulpa in häufige, iuuige Berührung kamen. Ans diesen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Volume 8
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kärnten und Krain
- Volume
- 8
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 23.03 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch