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Bereitwilligkeit die Sappeur- und Pontvnnier-Abtheilungen zur Verfügung, welche unter
fachmännisch ausgebildeten Officiereu mit wahrer Begeisterung und Selbstaufopferung
daran gehen, die Habe der Bürger zu sichern; sie besetzen die meistgesährdeten Punkte und
geben durch Disciplin und planmäßige Arbeit ein aneiferndes Beispiel, während sie zugleich
mit den anderen Schutzarbeitern alle Mühen und Entbehrungen theilen, unter denen
derartige Kämpfe vor sich geheu.
Trotz all dieser Schwierigkeiten wird der Vertheidigungskampf mit Vertrauen in
den Erfolg, ja mit einer gewissen Kaltblütigkeit, unermüdlich fortgesetzt, so lange es nur
gegen das Wasser zu kämpfen gilt.
Schlimmer aber wird die Lage, wenn der Wind dem Wasser z» Hilfe kommt. Tann
geräth das meerähnliche Überschwemmungsgebiet in Bewegung, seine Gewässer bäumen
sich in gewaltigen Wogen, welche der Sturm meilen- und meilenweit vor sich einherpeitscht,
gerade auf den Damm los, gegen dessen Böschungen er sie wirft, um sie nochmals zu
ergreifen und über die Krone des Dammes hiuwegzuschleuderu. Eine solche Welle reißt
in ihrem Daherstürmen Meuscheu, Pferde, Material, Alles uieder, was sie auf dem
Damme findet, und wirbelt es über die jenseitige Böschung hinab. Ganze Brocken beißt
sie aus der Dammkrone heraus, und dort strömt dann die Sturmflut in wahren Cascaden
ein. Die kalte Windsbraut, der ununterbrochen niederklatschende Wogenguß bedrängen
die Menschen, welche meistens bis an die Knie im Kothe watend, die Höhe des Dammes
zu behaupte« und der Gefahr Trotz zu bieteu suchen. So oft auch das Unwetter sie
umreißt, immer wieder drängen sie vorwärts in verzweifeltem Kampfe. Schon bei Tage
ist ein solcher Kampf furchtbar, wie nun erst bei Nacht, wenn die Fackeln, die der Sturm
etwa nicht ausgeblaseu, vvu deu haushoch emporschlagenden Wogen ersäuft werden. In
das Heulen des Wiudes, in das Klatschen der Fluten mischt sich das Geschrei der Menschen,
dazwischen hämmeru die Schlägel auf die Köpfe der Pfosten nieder und man hört das
schwerfällige Niederplumpfeu der Erdsäcke ins dunkle Wasser.
Und dieser Kampf dauert meistens wochenlang fort! Das ist das große Unglück
bei diesen Überschwemmungen, daß die Dauer des Hochwassers jeder Berechnung
entrückt ist. Alles andere läßt sich mit ziemlicher Genauigkeit berechnen: der Fassungs-
raum des Jnuudatiousgebietes, die Menge des herbeiströmenden und abfließenden
Wassers, der Druck desselben aus die Dämme, die Widerstandsfähigkeit der letzteren
binnen eimem gewissen Zeitraum: das Verbleiben des Wassers allein steht in Gottes
Hand und wie lange die Flut ihre Höhe behalten mag, das allein ist derjenige Factor,
über dem sich kein Mathematiker und kein Ingenieur eiu verläßliches Urtheil bilde» und
Rechenschaft zu geben vermag. In manchen Jahren schwillt das Wasser in einigen Tagen
hoch an, länst aber ebenso geschwind ab und die Gefahr droht blos einige Tage. Eiu
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch