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Gewöhnlich fallen die Märkte auf Souu- oder Feiertage. Der gute König Bela
hat fchou vvr achthuudert Jahren den Versuch gemacht, sie auf den Samstag zu verlege»,
aber ohne Erfolg. Der Viehinarkt gibt sein Recht anf den Sonntag nicht auf, und
an diesem heiligen Tage wimmeln anf den ungeheueren Marktplätzen, die kaum kleiner
sind als der Stadtbezirk selbst, Rinder-, Pferde- und Schafheerdcn in dichtem Gedränge.
Das ist der Tag des vollen Beutels. Am nächsten Tage beginnt der Waarenmarkt
(„Markt zn Fuß"); eine günstige Gelegenheit für den armen Mann, sich einmal nach
Herzenslust wichtig zu machen, denn so viel liebe Worte und freundliche Blicke werden
ihm sonst das ganze Jahr nicht zu Theil, wie jetzt in einer Stnnde von Seite der schlauen
Jahrmarktschneider und geschmeidigen Kattuuhäudler. Nur die einzigen Kürschner überheben
sich, denn ihre Waare geht auch ohne Schmeicheleien reißend ab. Und allenfalls noch die
glücklichen Inhaber der Garküchen („Bratenzelte"), denn lustige Mnsik, mit frischem
Bratendnft gemischt, ist stärker als Meuscheuzuugeu. Da reden die Thatsache», etwa wie
Arany sie schildert:
„Wenn gleich des lust'ge» Feuers Funken sprühen,
Tanzender Betyaren Hände klatschend glühen,
Lustig gekleidet im Tanz sie draußen hnpfen,
Keiner hat Angst vor Niesen oder Schnupfen,
Denn dieser Schlag, der kennt nur e i n Erkälten,
Aber das eine muß dann ewig gelten."
Ja, die habe» den richtigen Pnnkt bereits getroffen nnd ihrer gnten Lauue macht
höchstens der Rausch oder der Commiffär ei» Ende. Weit stiller »»d harmloser gestaltet
sich das Marktlebeu um die „Kasfeetische" her, dereu jeder uebeu einem blechernen Koch-
herd steht, vollgeräumt mit Näpfeu, die eiueu halbe» oder Viertelliter halten nnd in denen
die Tischfran ihren Kunden „frischen Kaffee" a»ssche»kt. Eine ganze Grnppe von Frauen
uud Mädcheu umsteht den dampfenden Tisch und verzehrt ganz selig den dünnen Kaffee,
dessen Mvkkagehalt wohl nicht tadellos ist, die Milch dagegen desto vortrefflicher, frisch
gemolken, frisch ausgekocht, so daß eiue Herrschaft sie nicht besser kriegen könnte. Unter den
guten Marktleuten freilich kommen besonders die Tanya-Bewvhner nur bei solchen Markt-
gelegenheiten in die Lage, sich dem Kaffeegennß hingeben zu können. Der Eine nnd der
Andere führt sich auch seiue Portion so gründlich zu Gemüthe, daß er gleich zwei oder
drei Näpfe voll hinter die Binde gießt. „Darum ist ja der Markt ein Markt, damit wir
uns da gütlich thun."
Der nüchterne Verkehr wimmelt noch immer dort in den Zeltgassen nmhcr. Mann
uud Frau sind unzertrennlich; denn ein so unbeschränkter Herr der Gatte bei Kauf und
Verkauf des Viehes ist, ebenso untergeordnet ist seine Rolle auf dem Waarenmarkt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch