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Stiefel und Suba, Hut lind „Blautuchenes", Alles wählt und bestimmt ihm der
Geschmack seiner Frau; die Frau erstreitet ihm diese Diuge unter vielem Feilschen, und
thätig darf der brave Gatte erst auftreten, wenn der Handel abgeschlossen ist und der
Krämer, untröstlich ob des schlechten Geschäftes, das er gemacht, ihm den herkömmlichen
Handschlag gibt. „In Gesundheit mögt Ihr es tragen!" Nun wäre eigentlich Alles ein.
gekauft; doch dieses Lamm von einem Ehemann muß der zur Herrschaft gelangten Frau
jetzt erst noch auf den Geschirrmarkt folgen, unter heimlichen Senfzern von wegen der
argen Geldvertrödelung, dieweilen ja daheim die Geschirrbretter ohnehin schon brechen
unter der Last der vielen Töpfe und Töpfchen. Um sie her drängt sich das bunte
Treiben von Burschen- und Dirnenvolk, Marktgeschenke heischend und tauschend, neue
Bekanntschaften, aus denen dann alte, sehr alte werden. Mit den gekauften Waaren
lassen sich die Burschen, nmherstolzirend, gern bewundern. Die jungen Leute haben den
neuen sämisch-ledernen Snba-Pelz um den Hals hängen und den alten um die Schulter«,
und zwei Hüte auf dem Kopfe sitzen, einen über deni anderen, den neuen auf dem alten.
.Weniger kräftige „Bäcsi's" (Onkel) schwanken brummend heimwärts, vom Ehegespous
getrieben, sintemalen der „Bäcsi" schon das vierte Päckchen Streichhölzer verbrennt, ohne
seine Pfeife in Brand stecken zu köuueu. Jener Ehrenwerthe aber mag immerhin drauf
los seufzen; diese Einkäufe von irdenem Geschirr wollen gar kein Ende nehmen. Eine
ganze Last von dem Zeug hat das verschmitzte Geschöpf schon zusammengerafft, offenbar,
damit sie es nicht allein nach Hause zu schleppen brauche. „Na, Mutter, was ist's denn
mit einem kleinen Kaustrunk (üläomss)?" sagt er endlich mit einer Courage, die etwas
muthlos ausfällt. — „Was? einen Kauftruuk?" eutgegnet das Weibchen, „sind Euch die
sünf Kinder zu Hause nicht Kauftruuks genug?" und räumt sich die sensengewohnten
Arme mit ganzen Stößen von Pfannen und Näpfe» voll. Und doch ist die Verweigerung
des Kauftruuks in Ungarn förmlich ein Attentat auf die Verfassung. Denn ob man kauft
oder verkauft, ob man geboren oder begraben wird, ohne „älckoinüs- darf es von Rechts-
wegen nicht abgehen. Wie denn nicht? Ist doch diese Sitte ein tausendjähriges Erbe des
Magyaren, von den Vorfahren überkommen, die ihm sein Vaterland eroberten, nicht
ohne daß sie, laut der Chronik, auf dem Berge Tarczal keeerunt aläomäs*,
ein großes üläoinas getruukeu hätten.
Der Jahrmarkt ist staubig und ermüdend. Ein viel gemüthlicheres, halb religiöses,
halb bürgerliches, halb sociales nnd halb Familienfest ist die Kirchweih, wo verwandte
Elemente sich finden und fremde sich anfreunden. Die Kirchweihfeste der römischen und
griechischen Katholiken, der Serben, Schokazeu, die Kirchtage der deutschredenden
Protestanten, sind so eingetheilt, daß der Vormittag der Andacht gehört, der Nachmittag
der Freundschaft nnd Fröhlichkeit, mit gedecktem Tisch iu jedem Hause, und Tanz nnd
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch