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Industrie, thöuerue Ziergefäße, Geräthe und Münzen ans Bronze; die letzteren übrigens
sind, wie überall in? Barbarenlande, auch hier fast ohne Ausnahme abgenützt, da die Kauf-
leute, welche mit den Völkern jenseits der römischen Grenzen Handel trieben, die Münzen,
die wegen ihrer Abgenütztheit in der römischen Welt schon aus dem Verkehre gezogen waren,
sammelten nnd sie bei den Barbaren als Tauschmittel immer noch anbrachten. Längs
der Donan jedoch kommen die Silbermünzen der Kelten häufiger vor; sie prägten dieselben
nach dem Muster der Tetradrachmen König Philipps von Maeedonien, denn das ganze
mittlere Donaubecken, also auch das ganze Alsöld, gravitirte, bevor die Römer die Theile
jenseits der Donau besetzt hatten, mehr gegen die Balkanhalbinsel, als gegen Rom nnd
Italien hin.
Eine größere Rolle fiel dem Alsöld znr Zeit der Völkerwanderung zu, als die
germanischen Stämme, besonders die Gothen, von Osten her ins Land eindrangen und
von den römischen Kaisern Grund nnd Boden znr Niederlassung begehrten; die Hnnnen
hatten sie nämlich aus ihren alten Wohnsitzen am Nordnser des Schwarzen Meeres verdrängt
und so den ersten Anstoß zur Bewegung der Völkerwanderung gegeben. Die germanischen
Stämme waren zn dieser Zeit bald Söldner, bald Verbündete, schließlich Feinde des
römischen Kaiserreiches, besonders nachdem sie gezwungen worden, die Oberhoheit der ihnen
nachdrängenden Hunnen anzuerkennen und Attila seine Residenz in der Gegend von
Szegedin im Alsöld ansgeschlageu hatte, wohiu er nach seinen welterschütternden Feld-
zügen immer wieder zurückkehrte. Hier fand ihn Prisens Rhetor, der Gesandte des Kaisers
von Byzanz, und sah die Fürsten der Völker, Christen und Heiden, römische Bürger und
Barbaren, an seiner Tafel aus goldenen Bechern den Wein schlürfen, während die Sänger
die Thaten des großen Königs im Liede verherrlichten. Und in der That hat man in dieser
Gegend, bei Nagy-Szent-Miklös, im Torontaler Comitat, jene goldenen Kannen, Becher,
Schalen und Kelche gefunden, deren Goldgewicht mehr als zwölf Kilogramm beträgt. Diese
Objecte, die jetzt in der k. und k. Antiqnitätensammlung zu Wien aufbewahrt sind (Abbildung
aus Seite 36 uud 37 des erste» Bandes), sind wahrhast fürstliche Schätze. Ihr Stil
bekundet persisch-sassanidische Einflüsse und die Traditionen der griechischen Colonien am
Schwarzen Meere. Ihre Inschriften sind zum Theil griechisch; auf zwei Schalen findet sich
auch schon das Kreuz, auf ihrer Fußfläche aber gothische Runenschrift, deren Löfnng bisher
nicht gelungen ist.
Bei Gelegenheit jener Erdarbeiten, welche zur Aufschüttung des Terrains der Stadt
Szegedin und zur Hebung der Theißdämme nach der großen Überschwemmung erforderlich
waren, entdeckte man an vielen Orten, besonders bei Öthalom („fünf Hügel"), Szentes
und Hodmezö-Väsärhely, viele Gräber aus der Zeit der Völkerwanderung, welche dem
Sturze des weströmischen Kaiserreiches vorausging. Der Inhalt derselben: charakteristische
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch