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Eine Gruft besitzen die wenigsten Kirchen. Häufiger sind die mit Inschriften und
Ornamenten versehenen Gedenktafeln, welche, an der Außen- oder Innenseite der Mauern
angebracht, bald dem Andenken einzelner hervorragender Familien oder Menschen, bald der
Erinnerung an irgend ein denkwürdigeres Localereigniß gewidmet sind.
Der bemerkenswertheste Fund aus der Zeit der Ärpädeu ist die auf der Puszta
Büugösd im Bekeser Comitat herausgeackerte kleine Reiterstatue, welche Graf Weuckheim
dem ungarischen Nationalmuseum vermacht hat. Auf formlos schwerem Pferde sitzt ein
Reiter; er trägt ein bis an die Knöchel reichendes Gewand und in der linken Hand einen
großen schmalen, oben halbkreisförmigen, unten spitz zulauseudeu Schild; in der rechten hält
er einen erlegten Hasen; sein Hund ist rückwärts auf die Croupe des Pferdes gesprungen.
Es ist dies ein Werk aus der ersten Zeit der Ärpädischen Könige.
Diese Statuette, deren primitive Kunst beweist, daß sie einheimische Arbeit ist, erregt
auch dadurch eiu besonderes Interesse, daß sie uns die magyarische Tracht der Vornehmen
damaliger Zeit vor Augen führt. Das große Publicum hat sich so sehr in die Auffassung
eingelebt, die jetzige magyarische Tracht, die engen Hosen, verschnürten Dolmänys und
Mentes für das Herreueostüm seiner Vorfahren zu halten, daß es sich nur schwer mit der
uubezweiselbaren Thatsache befreunde» kann, wonach die Könige und Magnaten der
Ärpäden-Zeit «ach byzantinisch m Hofschnitt gebildete, lange, nnverschnürte Mentes trugen,
später aber zur Aujou-Zeit und noch unter König Matthias in den Palästen zu Visegräd
und Ofen die italienische Mode die herrschende war, das rasirte, bart- und schnnrrbartlose
Antlitz und der weite Überwurf, wie an den Bildnissen der Corvin'schen Codexe zu sehen.
Der jetzigen ungarischen Galatracht begegnen wir zuerst im XVI. Jahrhundert. Als
kriegerische Tracht aber diente bei den Adeligen Ungarns das Eisenhemd orientalischer
Art selbst noch zu einer Zeit, wo dasselbe im Westeu längst uicht mehr gebräuchlich
war; daneben freilich glänzten auch uoch Stahlharnische uud geschlossene Helme von
verschiedenen Formen.
Auch die Zeit der Kreuzzüge ist in dieser Gegend nicht ohne Denkmal geblieben. Ein
großer Theil der Kreuzscharen nahm seinen Weg über Ungarn, am rechten Ufer der Donau,
iu der Richtung nach Eonstantinopel nnd Jerusalem. Einzelne Scharen setzten auch über
die Donau, und nicht selten findet man im Alsöld Münzen, die von den Kreuzfahrern
herrühren, so die Wiener Pfennige, die Salzburger und Friefacher Silbermünzen, ja auch
französische Münzen aus dem XII. und Xlll. Jahrhundert. Friesacher uud Wiener Münzen
sind so häufig, daß die Münzsammlung des ungarischen Natioualmuseums iu dieser
Hinsicht zu den reichsten in Europa gehört.
Das Eude der Ärpädischen uud den Beginn der Anjon-Zeit kennzeichnen die
silbernen Schnmckgegenstände und Schalen des Museums in Halas, auf deren einer
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch