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Brod und gebratenem Kürbis und Teichnüssen, kein „weißes Volk", wie der Magyare das
Weibsvolk nennt, sondern ein rothbackiges, die „bekränzten Dichterinnen" der für ewige
Zeiten gebackenen Bretzenkränze, die erbgesessenen Schutzfrauen des Paprika, der Hirse, des
gerösteten Knknruz und des gedörrten Obstes, unter denen in der Regel ein ebenso lebhafter
als lauter Ideenaustausch stattfindet. Die ärmeren Hökerinnen, welche mit Trödelkram
handeln, müssen auf den Binsenmatten der Seitenplätze hocken, die Wanderzigeuner und
ihre Weiber aber bilden nnr noch einen ambulanten Bazar, schleppen ihre Waaren auf
deu Schultern nnd werden unter den aristokratischen Marktweibern nicht geduldet. In
dieses bunte Bild gehört endlich noch der unfehlbare Kärruer, dieses aus einem Gaul,
einem Karren und einem Menschen zusammengeschweißte Etwas, welches ein Sprichwort
solgeudermaßen umschreibt:
„Außen ein zottiger Pelz,
Drinnen ein Mensch gar fanl,
Hinten ein Karren bös.
Vorne ein lahmer Gaul."
Die großen allgemeinen Jahrmärkte sind ferner noch wichtig dnrch den mit ihnen
verbuudeuen, außerhalb der Stadt abgehaltenen Viehmarkt, wo solche Mengen von Thieren
zum Auftrieb gelangen, daß man einen Begriff erhält von einer Völkerwanderung, welche
sich mit allen ihren Hausthieren in Bewegung setzt.
Bauart und Hanswirthschaft in Debreezin sind ziemlich dieselben wie in anderen
magyarischen Städten; die Neuzeit hat auch in diesen Punkten Manches geändert. Die
Hauptgassen haben stockhohe Hänser und an die Stellen des Rohrdaches sind die Dach-
ziegel getreten.
Auch die Volkstracht uähert sich der Mode; die Mädchen tragen nur noch selten, im
Brautstande allenfalls, den perlendurchflochteueu Mädcheukrauz, auch die eiust berühmte
spitzengeschmückte Thurmhaube erscheint nnr noch auf den Köpfen ehrwürdiger Matronen;
auf den berühmten „Meisterbällen" jedoch, besonders auf dem der Selchergesellen, wird
der alte volksthümliche Pomp noch hervorgeholt: die gestickte Schürze, das geblümte
Mieder und dergleichen. Unsere Illustration gibt den kernmagyarischen Typus von
Debreczin genau wieder in seinen bekanntesten Volksfiguren, welche an Ort und Stelle
zu den angesehensten Leuten gehören, und die hier vorgeführte Volkstracht zeigt den
sogenannten „Herren-Szür", der zugleich „salonfähig" und pnsztafähig ist.
Ebenso steht es in Debreezin um die Volksgebränche. Interessante Absonderlichkeiten
gibt es da nicht, Hochzeit und Begräbniß sind wesentlich so, wie in allen großen Städten
und wie wir sie schon bei der allgemeinen Charakterisirnug des magyarischen Volkes
beschrieben haben. Sie sind sogar noch einfacher als beim übrigen Volk, da der vor langer
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch