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in große Aufregung und Schreck. An mehreren Orten leisteten die Hajdncken dem Iimno
reFius, der den Fürsten installiren sollte, bewaffneten Widerstand, so daß der Act in den
benachbarten Gemeinden vollzogen werden mußte. Später trat der Fürst mit den Hajduckeu-
gemeinden in ein Vertragsverhältniß, so daß dieselben sodann unvergleichlich besser daran
waren als die nach dem Urbarialsystem behandelten Hörigen. Übrigens konnte auch
der Hörige von magyarischem Stamme seiner Natur nach niemals so völlig in den
Staub getreten werden wie der fügsamere und nachgiebigere Slave oder Romane. Der
magyarische Hörige wollte von den geringen Gerechtsamen, die ihm noch verblieben, nie
auch nur ein Haarbreit ablassen. Im Guten richtete man bei ihm mehr aus als mit
Schläge», besonders im Biharer Comitat. Es ist kein Zufall, daß im Tendenzroman des
Michael Fazekas der vorzüglichste Typus eines magyarischen Hörigen, nämlich „Lndas
Matyi", gerade ein magyarischer Bursche von jenseits der Theiß ist, der dem Gntsherrn,
von dem er Unbill erlitten, droht und die Drohuug nachmals auch zur That werden läßt:
„Grabet es ein in den Pfosten des Thors, um es nicht zu vergessen:
Dreifach wird Euch den Schlag Ludas Matyi schlagend vergelten!"
In der That ist das Selbstgefühl der Hörigen, vielleicht Dank den über das ganze
Comitat zerstreuten freie« Hajduckeuuiederlafsuugen, nirgends im Lande so stark wie ans
der Biharer Ebene. In der fürstlichen Ära ziehen zwanzig Einwohner der Gemeinde Zsäka
nach Fnrta, weil sie die auf zwölf Tage erhöhte „Herrenarbeit", die übrigens für jene
Zeit als gering gelten darf, nicht „fnpportiren" können. Nach der Errichtung der DoinÄie
Derecske ist die ehemalige Hajdnckencolonie Berettyö-Ujfalu in zwei streng abgegrenzte
Theile geschieden: in die Hajdnckenzeile und die Bauernzeile. Der Hajdncke bleibt in seinem
Selbstgefühl Hajducke, auch wenn er den Zehnten zahlt.
Es ist eine bemerkenswerthe und lehrreiche Erscheinung, daß dieses kein Unrecht
ertragende Hörigenvolk von „dicknackigen Ealvinisten" seit dem vorigen Jahrhundert in
demselben Maße, in dem es eine immer bessere Behandlung erfährt, immer mehr zum nutz-
bringenden, getreuen, ordnungsliebenden Unterthan wird. Gerade im Biharer Comitate
finden sich viele Spuren eines patriarchalischen Gntsherrenthnms. Der Obergespan Joses
Länyi schließt mit seinen Hörigen von Kisszantö einen Vertrag, kraft dessen Personen
von schlechter Aufführung, welche unverbesserlich scheinen, aus dem Dorfe ausgeschlossen
werden. Graf Adam Steruberg verordnet in seinem Testament vom Jahre 1805, daß nach
seinem Tode all sein bewegliches Wirthschaftsgut zu Gelde gemacht und daraus ein ewiges
Capital gebildet werde, nm im Falle von Elementar- oder anderen unabwendbaren Schäden
seine Hörigen von Diöszeg, Kakad, Pocsaj, Hossznpälyi, Vedres- nnd Felsö-Äbräny,
sowie deren Nachkommen, zeitweilig mit größeren oder geringeren Beträgen zn unterstützen.
Dieses segensreiche und wohlverzinste Capital, welches mit dem Namen „Sicherheitskasse"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch