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Altgläubige, sie können aber nicht Walachisch. In Mezö-Peterd wird das Matrikelbuch
der Altgläubigen in magyarischer Sprache geführt; die vou Pocsaj haben den Bischos
von Groß-Wardeiu, Papp-Szilägyi, durch eine Abordnung bitten lassen, ihnen einen
ungarischen Lehrer zu schicken. Erfreuliche Beweise der gegenseitigen Duldung liefern
Fnrta, wo der „Kleiupropst" von Debreczin und Tepe wo der „Großpropst" (Dompropst)
zum Bau der reformirteu Kirche beitrugen. In Darvas wurde schou vor 1848 ein ackerbau-
treibender Jsraelit zum Gemeindegeschworenen gewählt.
Die Magyaren in Bihar sind im Allgemeinen offenherzig, gastfreundlich, anständig
und selbstbewußt; auch ihr Fleiß ist groß, doch geht ihre Betriebsamkeit niemals in
Habgier über. Sie lieben fröhliche Trinkgelage, sind jedoch in ihren Unterhaltungen nicht
übermäßig verschwenderisch.
Große Gastereien Pflegen bei Kindstaufen stattzufinden; dann gibt es Schneckensuppe
(„Schnecke" heißt eine Art Bauernmehlspeise), gebratene Hühner, Sträuben uud Riug-
krapseu. Die Hebamme, der es obliegt, die Gevatterslente einzuladen, erhebt bei dem
Tauffchmans „für die Mühe ihrer Fußsohlen" Geldbeträge; ist das Nengeborne ein Knabe,
so nimmt sie den eintretenden Gästen den Hut weg, der dann ausgelöst werde» muß.
Bei Verlöbnissen und Hochzeiten sitzen Braut uud Bräutigam unter dem „Meister-
balken" (Hanptbalken der Stubeudecke) uud es ist eiu Teller für sie hingesetzt. Brautführer
nnd Hochzeitsbitter ergeheu sich in langen Reimreden, in denen sie Braut uud Bräutigam
von allen Ihrigen Abschied nehmen lassen, desgleichen beim EinHeben des „Grützgeldes",
bei dem „Aufhauben der Braut" uud dem „Ausbitten des Bettes". Um Mitternacht wird
Geld erhoben für den „Brauttanz". Den auch ungeladen erscheinenden Masken, das heißt
Burschen in Frauenkleidern, ist, weil ihr Gebareu oft sehr unanständig war, seit einigen
Jahren an manchen Orten das Handwerk gelegt. Der „knmanische Capitän" aber lebt
noch jetzt, nm das Mahl zu würzen; er ist in der Regel ein spaßbereiter, scherzkundiger
Mann, der die Aufgabe hat, die Hochzeitsgesellschaft durch Spässe, Wortspiele und ans
Unmögliche streifenden gereimten Unsinn zn unterhalten. Als Probe des letzteren diene
die Strophe:
„Als von St. Ladislans ich noch gar nichts vernommen.
Dacht' ich lang schon d'ran, wie zn ihm ich könnte kommen;
Ans der Welt bin ich zwar damals noch nicht gewandelt,
Doch den Schnappsack hab' ich mir gleich nm den Hals gebandelt."
Die Beerdigung ist je nach den Consessionen und Gegenden sehr verschiede». Der
Todte wird auf den Armen oder Schultern zu Grabe getragen. Man stellt dabei den Sarg
auf ein „Holz für die Füße", das an den vier Enden gefaßt wird von vier gleichgekleideten
jungen Mädchen, Burschen oder Erwachsenen, je nach dem Alter des Verstorbenen, doch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch