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Die Weinbauern der Gegend cnltiviren den Rebstock mit Vorliebe nach dem Bogen-
schnitt. Sie ziehen ungefähr solche Rnthen wie die rheinländischen, nur daß sie die eine
bis zwei alljährlich geschonten Ruthen noch länger belassen und nicht wagerecht oder im
Halbbogen gegeu deu nächsten Rebstock hinziehen, sondern sie in der Richtuug der Reihe,
die eine nach aufwärts, die andere nach abwärts im vollen Bogen an den eigenen Wein-
pfahl zurückbiegen und an ein bis zwei Stellen mit Rafia, Weidenrnthen oder Schilf fest-
binden. Im richtigen Verfahren bei der Rebencultur wird das Volk jetzt iu der auf dem
Maria-Theresienberge errichteten Winzerschule unterwiesen.
Einen beliebten Rothwein liefert anch Panl is , wo die Maros schon völlig die
Ebene erreicht. Von hier folgen wir dem Marosthale, an Esicser und Glogoväcz mit ihren
alten Abteiruinen vorbei und gelangen bald nach Arad.
Ar ad hat eine Vergangenheit von achthalb Jahrhunderten und erscheint dennoch
als ganz junge Stadt. Es ist die erste königliche Freistadt, die an dem Austritt der bis
hierher 500 Kilometer langen Maros in die Ebene entstanden ist, und vielleicht die erste,
die auch nach ersolgtem Ortswechsel ihren Namen behalten hat. Die Leute von Glogoväcz
zeigen noch jetzt fünf Hügel, welche sich von Norden gegen Süden regelrecht aneinander-
reihen und der Sage nach dadurch entstanden sind, daß fünf Köuigssöhue des Riesenvolkes
auf der Wanderschaft hier Rast machten, um sich mit ihren Stäben den Straßenkoth von
den Bundschuhen zu scharren, und zwar in so großen Mengen, daß jeder Wanderstab
davon einen ganzen Hügel aufhäufte. Nach Anderen waren auf den fünf Hügeln die Zelte
Belas des Blinden aufgeschlagen, als er jenen berühmten Reichstag abhielt, welchem
68 Magnaten zum Opfer fielen. (Die Abbildung der „fünf Hügel", Öthalom, haben wir
schon auf Seite 153 dieses Bandes gegeben.) Acht Kilometer weiter gegen Osten erhebt sich
wieder ein kleiner Hügel, der einen Obelisken aus Granit trägt; darauf sind dreizehn
Namen eingegraben und die Jahreszahl 1849. Zwischen diesen Hügeln bewegt sich die
achthalbhundertjährige Geschichte der Stadt Arad. Uud mit der Geschichte, mit der Zeit
hat sich auch die Stadt thatsächlich fortbewegt uud ist vorwärts geschritten. Denn das alte
Arad lag an der Stelle des heutigen Glogoväcz. Aus feiuer älteren Vergangenheit sind
nur die fünf Hügel und geringe Trümmer seiner im romanischen Übergangsstil erbauten
Kirche übriggeblieben. Um die Mitte des XVI. Jahrhunderts wurde die Stadt an dem
jetzigen Orte angelegt; die Gründer der alten Stadt waren Slaven, die der neuen waren,
sonderbar geuug, Türken. Aber schon als Arad zum erste» Male zu Gruude ging, war es
eine magyarische Stadt, und so findet es der Reisende auch jetzt. Seine Festung wurde
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts nach den Plänen des Generals Baron Harsch
erbaut. Sie galt zu jener Zeit für einen Triumph des Festuugsbaues, aber schon Josef II.
meinte, die daran gewendeten Millionen wären hinausgeworfenes Geld.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch