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historischen Gesängen oftmals erwähnt wird. Chroniken des XVI. Jahrhunderts gedenken
der daselbst ständig angesiedelten Zigeuner, welche hier vielleicht zuerst in ganz Europa
sich zum Gemeindeleben bequemt haben. Die Schilderung, die von ihnen gemacht wird,
erinnert vielfach an die Bettlerversammlungen, „Gaunerkilt", zu Gersau iu der Schweiz.
Jetzt ist die Bevölkerung größtentheils rumänisch, sowie auch in Nadab, Erdöhegy,
Szekudvar, Siklö, Ottlaka, Ketegyhäza, Kurtics (dem ehemaligen Kurtaegyhäz) uud
Mäcsa, doch sind die Rumänen später eingewandert, wie auch die Deutschen in Elek,
Szent-Märton, Szent-Anna und Panäd. Die Eleker werden als „Groschenschwaben"
verspottet, weil sie die Erlaubniß zur Auswanderung aus Elsaß und Württemberg nur
gegen Entrichtung eines Kopfgeldes von sieben Kreuzeru erhielten, nnd aus Elek sind
jetzt 28, aus Szent-Anna aber 13 Virilisten Mitglieder des Eomitatsausschusses. Die
Deutschen sind alle römisch-katholisch und eines ihrer großen Feste ist die Kirchweih.
An diesem Tage ist jedes Haus ein Wirthshaus und auf dem Marktplatze musizirt die
Bande von Mittag bis Mitternacht. Während des Tanzes werden ein Lämmchen nnd
ein schwarzes Seidentuch unter den Herrengästen ausgelost. Der Gewinnende bezahlt
dafür ein paar Gulden und gibt, wenn er ein „Eavalier" ist, auch noch das Lamm zurück.
Da gibt es denn ein Abendessen und auch die Musik ist bezahlt.
Musik läßt man schon die Kinder lernen und ihre Musikbanden treten nicht nur iu
ihrer Gemeinde, sondern auch in Arad und den Nachbarstädten auf. Die ungarisch
gekleidete Knaben-Musikcapelle von Szent-Anna hat sogar weithin in Europa Anerkennung
gefunden. Ihr Hauptinstrument ist die Trompete, die ihnen auch einen entsprechenden
Spitznamen (rvt^oFö bancka, etwa „prasselnde" oder „britzelnde" Bande) eingetragen
hat. Der Ungar unterhält sich bei Zigeunermusik, der Rumäne aber tanzt seine
bei den Klängen des Dudelsacks oder eiuer einzigen Fiedel.
Westlich von der Budapest-Arader Eisenbahnlinie bis zum Bach Szärazer, der mit
ihr im Allgemeinen parallel läuft, ist die Bevölkerung im Ganzen und Großen magyarisch.
Rechts vom Szärazer folgt Tanya auf Tauya. In den Umgebungen von Jratos, Kevermes,
Dombegyhäza (wo das Volk Attilas Grab vermuthet), Kamaräs, Bänhegyes nnd Koväcs-
haza folgen sich die Tanyas von wohlhäbigem Aussehen reihenweise. Kein Fußbreit
Bodeu bleibt da unbebaut uud das rege Leben, das aus deu Märkten von Töt-Komlös
im Norden, Batonya in der Mitte und Pecska im Süden zu herrschen pflegt, ist Beweis
genug, daß die Prodncte auch Absatz finden.
Die magyarische Bevölkerung erscheint nirgends so charakteristisch als in Pecska.
Es ist ein wohlhabendes, zum Aufwand geneigtes Völkchen. Die Frauenspersonen glauben
nie schmuck genug zu sein, wenn sie nicht dreizehn Röcke über einander angezogen nnd
um den Hals ein Band mit handbreiter Masche gebunden haben, welche den Anschein
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch