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der kleinen Brücke wird Amerika genannt. Dies ist der gesündeste nnd angenehmste Theil
vvn Becskerek, reich an schönen Landhäusern, Blumen- und Obstgärten. Hier befindet sich
in einem anmuthigen Parke das Herreucasino und weiterhin die reformirte Kirche und
die Dampfschiffsstation. Die Kirchen der Evangelischen A. C. und der Griechisch-
Orientalischen stehen in der inneren Stadt. In einer der Gassen, die auf den Franz
Josess-Platz münden, fällt das Piaristeugymnasinm auf mit Kirche und zweistöckigem
Ordenshause. Außer dem Obergymnasium und den Elementarschulen besitzt die Stadt
noch eine uugarische Gewerbeschule und eine Weberschule von trefflichem Rufe. Der
eifrigen Wirksamkeit der Schulen ist es zum großen Theil zu verdanken, daß der patriotische
Geist der Bevölkerung bedeutend erstarkt ist. Ferner gibt es in Groß-Becskerek verschiedene
administrative, Staats- und Militärbehörde«, mehrere Geld-, Industrie- uud Handels-
institute und einen Verein für Verbreitung der magyarischen Sprache. Gewerbe und
Handel sind sehr bedeutend.
Die Annahme, daß Groß-Becskerek einst römische Colonie gewesen, ist durch nichts
gerechtfertigt. Aus den geschichtlichen Daten läßt sich entnehmen, daß es zur Zeit König
Karl Roberts um 1311 bis 1320 entstände« ist. 1332 bestand da schon eine katholische
Pfarre. 1441 wurde der serbische Despot Georg Braukovics seiu Grundherr. 1450 ging
es für knrze Zeit in den Besitz Johann Hnnyadis über, fiel dann aber wieder an die
serbischen Despoten. Ende Oktober 1482 erwarteten nnd besiegten hier anf offenem Felde
Paul Kinizsi, Peter Döczy und der damalige Grundherr von Becskerek, Despot Vnk
Brankovics, den in die Temeser Provinz eingefallenen Pascha von Semendria, der bis
Becskerek vorzudringen gewagt hatte. Als König Johann sich der unteren Gegend
bemächtigt hatte uud sie gegen die Einfälle der Türken, sowie gegen die Serben als Partei-
gänger Ferdinands I., sichern wollte, ließ er 1527 bis 1528 in Becskerek eine Festung
erbanen, die auf der erhöhten Stelle des jetzigen Comitatshanfes und Hauptplatzes staud.
Nach König Johanns Tode erbte sein Sohn Johann Sigismnnd, beziehungsweise die
Königin-Witwe Jsabella, die Stadt Becskerek uud verstärkte die dazu gehörige Herrschaft
durch 2.000 leibeigene Hintersassen. Am 25. September 1551 wurde Becskerek vou den
Türke» erobert, iu deren Gewalt es anderthalb Jahrhunderte lang verblieb und Sitz des
Sandschaks wurde. Zu dieser Zeit wohuteu viele Türken in der Stadt und auch der
Militärkommandant der Gegeud, das Oberhaupt ihrer Geistlichkeit, sowie die Beamtenschaft
der türkischen Verwaltung und Rechtspflege wohnten daselbst. Es gab in der Stadt
türkische Moscheen mit hohen schlanken Minarets, stockhohe Holzhäuser, Bäder uud Bazare
vou orieutalischer Bauart. Auch eine Snltanin des Ruhestandes brachte da den Abend
ihres Lebens zu. Am Ende des XVII. Jahrhunderts besaud sich die Stadt bereits iu
kläglicher Verfassung.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch