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Am Ostersonntag wird früh aufgestanden. Ohne ein Wort mit einander zu
sprechen, gehen sie hinaus in den Hof unter freien Himmel und beten mit erhobenen
Händen: „Hehre heilige Ostern! Bewahr' uns vor den siebenundsiebzig Fiebern. Steh' uns
bei, Gott Vater, Sohn und heiliger Geist!" Dieses Gebet scheint von den Vorsahren zu
stammen, die in den sumpfigen Gegenden des Banats fortwährend vom Fieber geplagt
wurden. Nach dem Frühstück verschluckt jedes-Mitglied der Familie im Namen der heiligen
Dreifaltigkeit („in den drei höchsten Namen") drei Körnchen vom Palmsonntagskätzchen.
Das Ostersrühstück besteht aus einer mit drei Speckschnitten zubereiteten Eierspeise. Anch
ist es Sitte, am Ostersonntag rothe Eier zu vertheilen, die der „Osterhas" gebracht hat.
Am Morgen des Ostermontags begießen die Burschen die Mädchen, dagegen Dienstag die
Mädchen die Burschen.
Am Vorabend des ersten Mai richten die Burschen schlanke Tannenstämme, die
mit den ungarischen Nationalfarben bemalt sind, als Maibäume auf. Au ihre Spitze sind
mit Blumen und Bändern geschmückte grüne Zweige gesteckt und solche Bäume werde»
vor den Häusern des Pfarrers, Richters, Notars und Gutsherrn, wie auch vor dem großen
Wirthshause aufgestellt. Dort bleiben die Ehrenbäume bis Ende Mai stehen.
Die Hauptunterhaltung, das vornehmste Gemeindefest ist aber bei den südungarischen
Deutschen die „Kerweih" (Kirchweih). Schon während der Vorwoche geht es in allen
Häusern höchst lebendig her, gleichermaßen bei Reich und Arm, denn für den nächsten
Samstag erwartet mau Gäste aus den Nachbardörfern, Verwandte, Kinder, lustige
Kumpane und Bekannte, die alle an der Kirchweih theilnehmen sollen. In der That ist am
Vorabend jedes Haus mit Gästen besetzt. Die Menge der verschiedenen auserlesenen
Gerichte übersteigt alle Begriffe. Drei Tage und drei Nächte wird geschmaust und gezecht
bis zum Überdruß. Bei den Lustbarkeiten außer dem Hause spielt die junge. Welt die
Hauptrolle. Schon zehn Tage vorher wählt sich jeder Bursche ein Mädchen, das die drei
Festtage hindurch seine ständige Tänzerin sein wird und ihm den Hut mit Band nnd
Buschen zu schmücken hat.
Am Samstag vor dem Feste, um vier Uhr Nachmittags, schmettern die Reveille-
Trompeten und knallen die Willkommschüsse. Das Volk schart sich in der Hauptgasse und
aus dem Kirchenplatze, die „großen Buben" ziehen mit ihrer Musikbande durch die Straßen.
Wenn die festlich gekleidete Schar auf dem Kirchenplatz eintrifft, treten die angeseheneren
Burschen aus der Menge hervor und begeben sich erst in das Pfarrhaus, von da zum
Richter und zum „Notari"; sie begrüßeu sie im Namen der Jugend, bitten um Erlaubniß
zur Lustbarkeit und laden die Obrigkeiten dazu ein. Von hier ziehen sämmtliche Burschen
unter schallender Musik uach irgend einem gastfreien Hause zum Nachtmahl, das aber
nur aus dem Stegreif stattfindet, denn alsbald machen sie sich auf nach dem großen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch