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Karstboden keineswegs gleichbedeutend mit Karstöde sein mnß. Wir finden uns schier
versetzt iu unsere Buchenhaine der Alpenvorberge; dichten Schatten spenden die wohl-
belaubten Kronen über den mächtigen Stämmen, bald Laubstreu, bald Waldgras verhüllt
den Boden, und wo Felsenstücke hervorlugen, sind sie mit dichtem Moos bedeckt;
annmthige Waldblümchen heimeln uns au, wie: Waldmeister, Diptam; uur hier uud da
überrascht uns ein Wahrzeichen der mehr südlichen Flora, wie etwa eine leuchtende wilde
Päonie, die mitten im Walde auftritt.
Solcher Laubwald, den Gemeinden Castna und Vepriuaz zu eigen, bedeckt hier im
Norden und Nordosten die Vorhügel und die mittleren bis nahe an die oberen Gehänge
des Berges, und zwar theilweise noch in Gestalt tiefdunklen Urwaldes, in dem man tagelang
wandern kann, ohne durch das Laubdach die Sonne zu erblicken. Das ist besonders der
Fall im „Lisina-Forst" mit seinen anderthalbhundertjährigen Rothbuchen uud jüngeren
Hopfenbuchen, die eine weite Mulde einfassen, auf deren Gruud ein Übermaß von
Humus, welcher aus den unberührten Gehängen herabgeschwemmt wurde, den Waldwuchs
ebenso beschränkt wie anderswo der Mangel an Erde. Dieser Waldcharakter, welcher den
landläufigen Vorstellungen von Jstrien so sehr widerspricht, erstreckt sich auch über deu
Castuaner- und Veprinazwald hinans in die Forste von Lovrana, also über das ganze
Ostgehänge des Berges und weiterhin über das Süd- und Westgehänge, also rings um
den Caldiera herum von den oberen Grenzen des Weinbaues bis nahe an die Gipfelregion.
Wandern wir aus dem Veprinazwalde, des Herumstreifens auf beschwerlichen
Pfaden müde, der breiten, trefflich gehaltenen Fahrstraße zu, die von Fiume über Castua
nach dem Innern von Jstrien führt, so gelangen wir nach mehreren Gehstunden zu dem
Ueka-Paß, über den diese Straße bis Trieft führt. Da verlassen wir bei einer Wendung,
wo eine frische Quelle, der „Kaiser Josef-Brunnen", sprudelt, den Fahrweg, welcher nun
thalwärts fortsetzt, und wenden uns bergwärts dem 1.396 Meter hoch gelegenen Gipfel
des Monte Maggiore zu, welcher von diesem Punkt an ohne irgend erhebliche Beschwerden
oder gar Gefahren in dritthalb Stunden erreicht werden kann.
Hier liegt nun ganz Jstrien zu unseren Füßen, aber nicht nnr dieses Dreieck über-
blicken wir, angefangen von seiner Basis, der wir am nächsten stehen, bis gegen die
Südspitze hinunter, sondern auch sein landschaftliches Verhältniß zu deu es umgebenden
Gebieten: im Norden bis zum Kraiuer Schneeberg, im Nordwesten und Westen zu den
Kärntner und Osttiroler Alpen, dann über den Meereshorizont im Südwesten bis Süd-
osten herumblickend, im Südosten das dalmatinische Velebit- und im Osten das Bitoraj-
oder Kapela-Gebirge und den Finmaner Karst. Im Südosten fesseln unsern Blick zunächst,
sich fahl von der glänzenden Meeresfläche abhebend, die istrianischen Inseln, denen die
Alten den Namen der „absyrtischen" gegeben haben — als seien es die Glieder des Knaben
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch