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Das Niveau des Sees liegt um 1K Meter höher als jenes des Qnarnero, seiue
Tiefe beträgt fast ebensoviel wie jene dieses Golfes, uämlich gegen 70 Meter. Das Wasser
ist süß bis zum Grunde und uur Süßwasserthiere fiuden sich in seiner Tiefe vor, er hat
also keine unterirdische Commuuicatiou mit dem benachbarten Meere. Die mehrfach
veutilirte Frage, woher der See sein Wasser nehme — ob aus unterirdische« Quellen oder
nnr aus den Niederschlägen, welche auf die umgebenden Gehänge fallen — beschäftigt
wohl jedeu Besucher und zieht seine Gedanken von der öden Landschaft ab; uns aber darf
sie hier uicht aufhalten und wir kehren zur Hauptroute zurück, um die Durchläuguug der
Insel zu vollziehen.
Der Reitweg, welcher nach der ganzen Länge des Jnselrückens führt, wird ,sliaclu
genannt, wohl etwas euphemistisch, denn er ist oft so eng, daß man beim Reiten
bald mit dem einen, bald mit dein anderen Fuße an die begrenzenden niedrigen Stein-
mauern oder die darüber angebrachten dürren Dornzweige stößt. Außer chaotisch durch-
einander liegenden grauweißen Steinblöcken und hervorragenden Klippen, abwechselnd mit
flacheren Steinplatten und wenigen rothen Erdflecken, unterscheidet das gelaugweilte Auge
nur noch schwarzgrüne Wachholderbäume, die bald mehr, bald weniger zahlreich zerstreut,
nie aber in dichtem Stande dem Boden von weitem ein schwarzgeflecktes Aussehen geben.
Höchst eigenthümlich nehmen sich diese oft 3 bis 4 Meter hohen Bäume dadurch aus, daß
ihre Stämme sämmtlich im gleichen Winkel von etwa 50 bis 60 Grad von Nordost nach
Südwest, also in der Richtung der Bora geneigt sind und auch ihre Äste uud Zweige
schirmartig nur nach der gleichen Richtnng, also gegen Südwest hin sich ausbreiten,
während an der entgegengesetzten, der Bora zugewendeten Seite keine dauernde Ast-
entwicklung stattfindet. Die Schafe, welche unter diesen einseitigen Wachholderschirmen
vor Sonnenbrand, Wind und Schneegestöber Schutz finden, bilden die einzige thierische
Staffage der Landschaft außer etwa einigen Geiern, die in der Lnft kreisen und nach
verendeten Schafen spähen.
Die Reise entbehrt übrigens doch nicht ganz einer gewissen Poesie. Bisweilen wendet
sich der Weg auf der Rückeuliuie der Insel soweit nach links, daß mau überrascht das
Wellenspiel des Qnarnerolo und einige Anfiedlnngen an seinem Ufer heraufgrüßen sieht
und die Fahrt von Schiffen unter Segeln oder Dampf weithin verfolgen kann, bis wieder
eine kahle, graue Steinwelle die Aussicht beschränkt.
Nach vielstündigem Ritt, nachdem allmälig selbst die Wachholderbäume seltener
geworden sind und dafür unheimlich aussehende gelblich-graue hohe Wolfsmilchpflanzen
überHand geuommen haben, führt der Weg hinab znr einstigen gemeinsamen Haupt- und
Bischofsstadt der beideu Inseln Cherso und Lnssin — zum alten Osfero. Ansehnlichere
meist noch gut erhaltene Häuser und eiue bessere Straße, als sie selbst iu der jetzigen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch