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bedrohliche Ausdehnung der venetianischen Republik von Besorgniß für seinen Besitz
erfüllt wurde, schloß er im Jahre 1364 mit den Herzogen von Österreich, an die sein
Haus durch Baude der Freundschaft und des Blutes geknüpft war, einen Erbfolgevertrag,
nach welchem er ihnen, falls er kinderlos stürbe, all seinen Besitz hinterließ; dafür
versprachen sie ihm, ihn mit ihrer ganzen Macht zu unterstützen und seine Schulden zu
bezahlen. Zehn Jahre später starb Graf Albrecht, und so fiel die Grafschaft Jstrieu im
Jahre 1374 an die Habsburger. Diese erweiterten sie durch fernere Erwerbungen, wie
Castua, Veprinaz, Moschenizze, welche sie 1465 von den Walsee erbten, später noch durch
andere Gebiete, die sie iu verschiedener Weise erlangten.
Venedig ließ in den unterworfenen Städten die municipalen Einrichtungen unan-
getastet, nahm jedoch die Ernennung der Bürgermeister (pväestä) für sich in Anspruch und
bestellte für dieses Amt, das alle 16 Monate neu besetzt wurde, Augehörige veuetiauischer
Geschlechter. Die alte Eiutheiluug der Einwohner in ,vicim maivres et ininores" —
Bürger (citwclim) und Lente aus dem Volke (popoluni) — behauptete sich nicht nur
während der ganzen venetianischen Periode, sondern prägte sich noch schärfer aus, als sich im
Anfang des XIV. Jahrhunderts die Bürger zu einer eigenen Classe, einer Art Aristokratie
im Gegensatz zur Volksclasse, zusammenschlössen. Die Bürgerfamilien bildeten den Rath,
welcher aus seinen Mitgliedern die anderen Obrigkeiten ernannte, nämlich die Richter,
welche dem Bürgermeister bei der Rechtsprechung zur Seite standen, den Syndicns, der
bestimmt war, die Interessen der Gemeinde zu schützen, den Kämmerer, welcher ihr Schatz-
meister war, den Kanzler, der die öffentlichen Actenstücke ausfertigte uud eintrug, die
„k'ontöcari«, welche das öffentliche Proviantmagazin zu beaufsichtigen hatten. Eigene
Statuten bestimmten für jede einzelne Stadt die Obrigkeiten, die Gemeindesteuern, das
Civil- und Eriminalversahren, die Strafen für die am häufigsten vorkommenden Vergehen.
Die von der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Volksclasse berieth in
ihren Versammlungen nur über Angelegenheiten, die speciell für sie von Wichtigkeit waren.
Diese Zersplitterung der Provinz in eben so viele kleine Republiken, als es Städte
gab, war die Ursache, daß Jstrieu keinen gemeinsamen Vertretungskörper hatte, der seine
Interessen gewahrt und die Einzelbestrebungen zum allgemeinen Vortheil gelenkt hätte.
Gegen das Urtheil des Bürgermeisters war die Berufung au den Gerichtshof (Lorte
aulZitori) von Venedig gestattet. Im Jahre 1582 wurde jedoch der ,ÜIa^istr»tc» cli
Lapoäistria" als Appellationshof für die ganze Provinz nnd auch für die Inseln des
Ouaruero eingesetzt. Als später Venedig eine größere Gleichförmigkeit in den municipalen
Einrichtungen durchzuführen nnd die ganze Provinz gemeinsamen Gesetzen uuterzuordnen
suchte, wurde diese Obrigkeit auch das politische und administrative Organ, welches den
Verkehr zwischen den Gemeinden uud dem venetianischen Senate vermittelte. Die wenigen
Küstenland und Dalmatien. 10
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch