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mäßigen, nannten ihn Tonetto Bnsetto und vertrauten ihm ohne Verzug die Bewachung
ihres geliebten Birnbaums an.
Als er einst wieder in Ausübung seiner Pflicht hoch oben auf dem Baume hockte,
näherte sich eine alte Hexe, indem sie ihm zurief:
»lonetw Lusetto
(-ettami un perelw
la. tua mariina. cl'orv;
8Li deneäetw
^lio del tesoro."
„Tonetto Bnsetto, wirf mir mit deinen Goldhändchen ein Birnlein herunter; sei gesegnet,
meiu schönes Schützchen!" Tonetto, der ein gutes Herz besaß, warf der Alten eine Birne
zu und stieg endlich selbst vom Banm herab, da sie behauptete, die Frucht nicht auffinden
zu können. Die Hexe aber ergriff den armen Kleinen, steckte ihn in einen Sack und trug
ihn hinweg. Des Weges kam ihr das Verlangen, Holz zu sammeln, zu welchem Behufe sie
den Sack an den Rand der Straße niederstellte. Tonetto, der kein Tölpel war, ergriff die
günstige Gelegenheit, öffnete den Sack mit einem Messerchen, das er bei sich hatte, füllte
den Sack mit Steinen an und begab sich wieder aus seinen Baum. Die Hexe wandte,
nachdem sie den Tausch entdeckt hatte, ihre Schritte zurück, allein da Tonetto durch
Erfahrung klug geworden war, blieben alle ihre Bemühungen, seiner nochmals habhaft zn
werden, fruchtlos. Tonetto wurde iudeß schließlich dieser unausgesetzten Verfolgung über-
drüßig und beschloß mit Erlaubniß seiner Eltern in die weite Welt hinauszuziehen. Auf
seiner Wanderschaft gelangte er in eine große Stadt, in welcher König Dominitnfe Hof
hielt. Der König suchte eben einen Stallknecht. Tonetto, nicht faul, bewarb sich um die
Stelle, die er erhielt und zu voller Zufriedenheit seines königlichen Gebieters ausfüllte.
Eines Tages besuchte der König seinen Marstall, wo er Tonetto zn sprechen begehrte. Wer
aber nicht da war, das war Tonetto. Man suchte ihn in allen Ecken, man frug, man rief
nach ihm — alles vergeblich. Plötzlich ließ sich eine dumpfe Stimme, welche aus dem Leibe
eines der Rosse zu kommen schien, mit den Worten hören: „Hier bin ich, Herr König!"
In der That war Tonetto mit dem Fntter von einem Pferde verschluckt worden, welches
die ungewohnte Nahrung bald wieder von sich gab. Dieses Abenteuer verleidete Tonetto
Busetto begreiflicher Weise etwas den Stalldienst. Er beschloß, auf bessere Geschicke hoffend,
abermals nach einem neuen Berufe zu greifen, verabschiedete sich vom König und schlug,
seines Nährvaters eiugedeuk, eine Schusterwerkstätte auf. Als Schild malte er ein Feigen-
blatt, um das er die Worte schrieb: ,8earpe per I« mosclrs s scurponi psi mvseoni- —
„Leichte Schuhe für Fliegen, für Bremsen aber grobe Schuhe." Er schusterte, daß es eine
helle Freude war, und lebte von da an glücklich und zufrieden.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch