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sein Seelsorger gesegnet hat, und gewissenhaft beklagt er sich in der Beichte, wenn er an
einem Sonn- nnd Feiertag die Predigt oder die Christenlehre und den Segen versäumt
hat. Er hält sehr viel auf das allgemeine öffentliche Kirchengebet nnd so ist manchmal sein
Seelsorger, den er gewöhnlich „FvspcxZ, seinen Herrn" anredet, gezwungen, nach der
Predigt oder uach der Christeulehre eine Unzahl von Vaternnser nnd Ave Maria, die
für Verschiedene aus verschiedenen Gründen zu beten.
Der Hausvater ist der oberste Herr iu der Familie, die Frau kenut ihu uur uuter
dem Namen KospoäarM, den Herrn". Hat ihm der Bruder oder die Schwester
ein Kind aus der Taufe gehoben, bei der Firmung Pathenstelle übernommen oder waren
sie bei seiner Trauung Beistände „eompari 6e San dann wagt er nicht mehr sie
mit „ti, du" anzureden. Er ruft sie uicht mehr bei ihrem Namen. Er begrüßt sie nicht
mehr mit den Worten: Bruder, Schwester. Er redet sie mit ,vi, er, sie" an; er heißt sie:
„Gevatter, Gevatterin, boter, dotra, compare, comare*.
Bei ihm herrscht die patriarchalische Einrichtung, daß der erstgeborne Sohn nach
dem Tode des Vaters Haus und Hof bekommt. Die übrigen Söhne nnd Töchter werden
ausgezahlt, sie bekommen die ckotu. Besucht er Sonntags die osterin, dann muß er vorher
dem Früh- uud Nachmittagsgottesdienst beigewohnt haben. Heiratet er, so müssen das
seine Herren, Arbeitsgeber, Kunden uud Bekannte in der Stadt erfahren. Die Braut
trügt ihnen zur Schau in einem großen Korbe „bu^olui* und ,e<znketti*, um Geschenke
zu bekommen. Am Hochzeitstag wohnt er der Messe bei und Brautleute, Beistände,
Verwandte und Gefolge betheiligen sich am Opfergange. Stirbt einer seiner Lieben, so
zieht er ihn selbst an; er begleitet ihn bis zum Grabe und in der Erde vergräbt er mit
ihm die kleinen Wachskerzen, welche in der Kirche während der Einsegnung der Leiche
angezündet waren.
Das Weihwasser des Char- und Pfiugstsamstags und des Epiphauiefestes darf iu
seinem Hause uicht fehlen. Am letztgenannten Feste läßt er von seinem Seelsorger sein
Haus und Hof, auch Weihrauch und Kreide segnen. Mit dem Weihrauch beräuchert er
dauu seine Wohnung, mit der Kreide schreibt er die Jahreszahl, das Kreuzeszeichen uud
die Anfangsbuchstaben der Namen der heiligen drei Könige L (Caspar,
Melchior uud Balthasar) auf die Hausthür. Uud das nicht ohne Sinn und Bedeutung.
Durch das Bewuchern drückt er die Bitte aus: Gott wolle feiue Wohnung so mit Gnade
und Segen erfüllen, wie sie durch deu Weihrauch mit Wohlgeruch erfüllt wird. Die
Jahreszahl wird angeschrieben, damit das kommende Jahr ein in jeder Beziehung
glückliches sei. Die Kreuze und die Buchstaben drücken die Bitte aus: Gott wolle die
Hausinsassen durch die Verdienste Jesu Christi und durch die Fürbitte der heiligen drei
Könige vor allen Unfällen bewahren.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch