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Nach den bis jetzt vorgefundenen neolithischen Gegenständen wäre es sehr schwer, ein
genaues Bild vom prähistorischen Dalmatien zu entwerfen, noch schwerer aber die einzelnen
Entwicklungsphasen Schritt für Schritt zu verfolgen. Annäherungsweise kann man wohl
annehmen, daß diese Entwicklung denselben Gang nahm wie bei anderen Bewohnern
Mitteleuropas zu jener Zeit. Jedoch darf man den Umstand nicht aus dem Auge verlieren,
daß die Nachbarschaft Griechenlands zu jeder Zeit einen günstigen und fördernden Einfluß
auf die Culturentwicklung Dalmatieus ausgeübt hat. Man kann also annehmen, daß diese
viel rascher vor sich ging als unter den Bewohnern der östlichen Alpenländer.
Die Hauptbeschäftigung der alten Jllyrier, welche wir als die ältesten Bewohner
des Landes betrachten möchten, bildete die Viehzucht und darunter namentlich die
Schafzucht, da der weitaus größte Theil des dalmatinischen Bodens dazu am meisten
geeignet ist. Den niedrigen Standpunkt des Ackerbaues beweist am meisten die alte Sitte
des gemeinsamen Besitzes größerer Sippschaften (albanesisch cpäpm) am Ackerboden, der
alle acht Jahre von neuem vertheilt wurde. Die warmen Gelände des Südabhanges
und namentlich die felsigen Küsten und Inseln waren vorzüglich geeignet zum Wein-
uud Ölbau, womit sich insbesondere die griechischen Ansiedler beschäftigten, während
die illyrischen Stämme des Binnenlandes noch in später Zeit eine Art Bier als National-
getränk beibehielten.
Mommsen kennzeichnet die Jllyrier als einen kräftigen Schlag südländischer Art
mit schwarzen Haaren und dunklen Augen. Sie waren im Ganzen sehr nüchterne und
unerschrockene, stolze Leute. Aber sie waren der kulturellen Entwicklung wenig zugänglich
und so konnten sie auch zu einer größeren politischen Bedeutung nicht gelangen. Aus alten
Schriftstellern erfahren wir noch, daß die Jllyrier, wie auch ihre nächsten Nachbarn,
die Thrakier, ihren Körper zu bemalen pflegten, daß sie fromm, gerechtigkeitsliebend
und gastfreundlich waren. Sie liebten fröhliche Gesellschaft und tranken dann wohl auch
über Gebühr. Ihr Glaube hatte Ähnlichkeit mit dem Schamanismus und die Zauberer
standen bei ihnen in hohem Ansehen; selbst die Könige suchten bei ihnen Rath und
folgten ihren Eingebungen. Viele unter den Jllyriern konnten, wie man meinte, mit dem
bloßen Blick die Menschen bannen. Einigen Stämmen rühmt man nach, daß sie die
Musik liebten und mit Vorliebe musikalische Instrumente anfertigten. Von allen Jllyriern
aber wird berichtet, daß sie sehr kriegerisch waren, den Kampf leidenschaftlich liebten
und zum Schlagen immer bereit waren. Auf dem Schlachtfeld erhoben sie ein himmel-
stürmendes Kriegsgeschrei und schüchterten damit den Feind ein, aber eine geregelte
Schlachtordnung kannten sie nicht.
Die Jllyrier waren in viele kleine Stämme getheilt. Darunter sind nennenswerth
die Taulautier in der Gegend des Scutari-See (Skadarsko Jezero), die Pirustae um
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch