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sich das Bauernweib zu erheben, wenn ein Mann vorübergeht, es bleibt, wv es mit ihm
den Weg zu kreuzen hat, selbst mit der größten Last so lange stehen, bis er vorbei-
geschritten ist. Nie beansprucht sie vor einem Mann den Vortritt, selbst zur Beichte uud
zur Commuuiou tritt sie erst dann heran, weuu alle Männer an die Reihe gekommen
sind; sie weicht jeder Versammlung aus, >vo Männer eine Besprechung haben. In
manchen Ortschaften will sich das Baueruweib nicht einmal zu Tisch setzen, wenn daran
ein Gast mit dem Hausherrn speist, außer es wird dazu geuöthigt. Das Volk kaun demnach
auch uicht begreifen, wieso das weibliche Geschlecht die Schule besuchen solle; man meint,
das passe nicht für das Weibervolk, welches dadurch nur eingebildet und für seinen Beruf
verdorben werde.
Der Herd bildet das Centrum des Familieulebeus. Die Wohnhäuser aus dem
Festland uuterscheideu sich vou denen im Küstenland und auf den Inseln. Hier und im
Küstenland sind die Häuser, einige niedere Hütten ausgenommen, dnrchgehends ein- oder
zweistöckig (sogenannte Kule) und ringsherum oder zumindest in der Front oder auf einer
Seite von einem größeren oder kleineren Hof umgeben, während sie im Gebirgsstrich
und in den sogenannten klavni Xoläri zumeist aus niederen Hütten bestehen,
unter welchen in einem Dorfe »nr hier und da ein einstöckiger Bau steht, während solche mit
zwei Stockwerken daselbst eine Seltenheit bilden. Die Hütten sind mit Ziegeln, Schiefer-
platten oder Stroh, in den Gebirgsdörfern anch mit Tannenbrettern gedeckt. Die ein-
stöckigen Häuser weisen im Innern gewöhnlich keine Abtheilung auf oder besitzen nnr ein
größeres Zimmer als Saal und ein kleineres, von jenem nur durch einen Ruthen- oder
Bretterverschlag getrennt. In dem größeren werden die Gäste bewirthet, dort schmaust man
bei Hochzeiten und bei der Xrstnc» ims-Feier, sowie am Armenseelentag; im kleineren
schläft der Hausherr mit der Hansfran nnd, wenn es sich so trifft, anch der Gast nnd
Freuud. Das Hausgesinde wohnt gewöhnlich im Feuerhause (Küche, vatreniea), eiuer
niederen Hütte neben der Knla. Die Treppe zum Eingang in die Kula geht zumeist vom
Hof aus, ist uns Stein gearbeitet und besitzt oben einen Gang zur Aussicht und Kühlung.
In neuerer Zeit macht sich allgemein ein Streben nach geräumigeren und bequemeren
Wohnungen bemerkbar. In der Vatreniea sieht man sowohl an der rechten als an der linken
Seite des Herdes je eine steinerne Lagerstätte oder je eine auf zwei Steiueu ruhende breite
Bank, die zum Sitzen und Liegen dient. In der Mitte des Herdes lodert das Feuer uud
über denselben läuft ein Balken hin, auf welchem die Kesselkette und hier uud da wohl auch
Schweine- uud Rindfleisch hängt, das geräuchert wird. An der Maner befinden sich ein
Brettergestell zur Aufnahme von Schüsseln, ein Pflock zum Aufhängen von Seilerwaaren,
die Brodschaufel, die Kochlöffel, das Sieb, der Reuter, iu der Mauer selbst ist ein Loch znr
Aufnahme der Löffel, der Kaffeemühle und der Gabeln angebracht. In einer Ecke befinden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch