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heißt vjencani kuin derjenige, der das erstgebvrene Kind aus der Taufe hebt; hat er dem
Kinde sein Geschenk für den Gürtel gegeben, so beschenkt ihn die Mutter des Kindes nach
der Mahlzeit oder dem Abendmahl mit ein Paar Strümpfen, einem Beutel oder einem
Taschentuch. Sowohl die Patheuschaft als die Wahlbruderschaft erstreckt sich auf alle
Hausgenosse« und Verwandten.
Zumeist jugendliche, sei es männliche oder weibliche Personen, die in ihrer Denkart
vollkommen übereinstimmen, beschließen oft ihrem Freundschaftsbund auch durch Empfang
des kirchlichen Segens nnd Veranstaltung einer äußerlichen Festlichkeit die Weihe zu geben.
Sie ersuchen den Pfarrer, er möge sie einsegnen, und geht dieser darauf eiu (was aller-
dings nicht immer der Fall ist, namentlich wenn er sieht, daß sie es nicht ernst meiuen),
dauu knien sie vor dem Altar mit einer brennenden Kerze in der Hand nieder und der
Priester ertheilt ihnen nach einer passenden Ansprache und einem geeigneten Gebet
den Segen. Hierauf nennen sie einander Wahlbruder (pvkralim) oder Wahlschwester
(posestrima) und geben sich vor dem Altar einen Kuß. Dann ziehen sie, aus Pistole»
schießend und einander umarmend, heim zu wechselseitiger Bewirthung. Man sieht
dergleichen namentlich häufig zu Weihnachten, an Kirchweihfesten und an sonstigen
Versammlnngstagen. Viele sind der Ansicht, daß die Wahlbrnderschast und die Wahl-
schwesterschaft ein Ehehinderniß für zwei Generationen bilde. Der Wahlbruder wird
seinem Wahlbruder um keinen Preis in der Welt untreu und setzt im Unglück selbst
sein Lebeu für ihu aufs Spiel. Der Vater seines Wahlbrnders wird von ihm Wahlvater
(povi-ini), dessen Mutter Wahlmutter (poinajka) geuauut, während die Frauen der beiden
Wahlbrüder einander Wahlschwestern (posestrima) betiteln.
Die Sitten und Gebräuche anläßlich der verschiedenen Kirchenfeste im Jahre sind
höchst mannigfaltig. Am erhebendsten gestaltet sich die Feier des Weihnachtsfestes. Jeder-
mann trachtet diese Tage im Kreise seiner Familie zu verbriugeu, ja mau hält es für
schmählich, wenn Jemand ohne Noth vom Hause fortgeht, um diese Tage auderswo zu
feiern. Ein Sprichwort lautet: „Wäre IZo/.o (Natalis und Theodor — Lv^iclui) brav
gewesen, wäre er am Bozic (zu Weihuachteu) zu Hause geblieben."
Schon einige Tage vor Weihnachten werden alte fettgemästete Schweine, sowie
junge, weil sie am Bozic gebraten werden, den Namen Boza führende Frischlinge
geschlachtet. Die Kiuder umgeben die Mutter, die ihnen kleine Stücke von Fleisch und
Kuchen zuweist, welche sie dann selbst am Feuer braten und fröhlich verzehren. Sie sehen
zu, wie die Würste gestopft uud die zum Verschenken bestimmten Stücke mit Lorbeer-
blättern und Rosmarin geschmückt werden, und stimmen Weihnachtslieder an, darunter
namentlich jenes, welches in der Kirche von Weihnachten bis zum Wasserweihtag vom
gesammten Volke gesungen wird: vrieme AockiSta — IVlii se svietu nav^esta:
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch