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sich „der kleine Seedirector", ein Knabe von nenn bis zehn Jahren, bewaffnet und im
Nationalcostüm, auf die oberhalb des Kirchenportals befindliche Loggia und hält in
kroatischer Sprache eine kurze, pokvale genannte Ansprache, in welcher er den Beginn der
Feier verkündet und die Bürger zur Theilnahme an dem großen Volksfest einladet. Bei
den letzten Worten schwingt er seine Mütze und begrüßt die Fahne des heiligen Tryphon
durch den dreimaligen Ruf: 8Iava! Zur selben Zeit wird die Fahne entrollt, die Musik
fällt ein, die Kirchenglocken erklingen und das Volk vom Platze bricht in den Ruf .Slava"
aus. Am Vortag des eigentlichen Festes werden von den in der Stadt wohnenden Mit-
gliedern der Marine die auswärtigen Genossen unter Musikbegleitung eingeholt und halten
ihren feierlichen Einzug in die Stadt, wo sie vor der Domkirche Aufstellung nehmen.
Hier findet die Musterung statt, worauf sich die ganze Truppe vor das Gebäude der
Bezirkshauptmannschaft begibt und der Seedirector an den Bezirkshauptmann die Bitte
stellt, dem Verein nach alter Sitte die kaiserliche Fahne für die Dauer des Festes anzu-
vertrauen. Ist diese Bitte erfüllt, so stimmt die Musik die Kaiserhymne an und der Zug
bewegt sich nun zum Gemeindehaus, wo unter ähnlichem Ceremonie! aus den Händen des
Stadtoberhauptes die Gemeindefahne in Empfang genommen wird. Letztere führt das
Bild des heiligen Tryphon in weißem Felde und ist mit einem kostbaren Band geschmückt,
einem Geschenk des tapferen Erzherzogs Albrecht; am Band sind in Gold gestickt die
Worte ,?ickes et konor- zu lesen. Ihren Höhepunkt erreicht die national-kirchliche Feier
Nachmittag um 4 Uhr, wenn der Seedirector mit seinem Gefolge dem Bischof entgegen-
zieht, welcher vor Beginn der Vesper das Kolo segnen muß. Der ganze Platz ist von zahl-
reichem, aus der ganzen Umgegend in die Stadt herbeigeeiltem Volke dicht besetzt. In dessen
Mitte ist im Kreise die Marinerezza aufgestellt und der Koloführer mit seiner Gesellschaft
steht bereit. Bei diesem Anlaß entfaltet sich der einstige Reichthum der Bocche an silber-
beschlagenen Damascenerflinten, goldenen Messern, silbernen Patrontaschen, golddnrch-
wirkten Beuteln, Geldkatzen und Gewändern. Die Musik stimmt den sogenannten Tanz
des heiligen Tryphon an und die Marinerezza beginnt den alterthümlichen Kolotanz, nach
dessen Schluß der Bischof die Kirche betritt, wo die kirchliche Andacht beginnt, die bis in
die späte Nacht währt.
Einen nicht minder anziehenden Anblick bietet der Platz vor der Domkirche am Tage
des heiligen Tryphon selbst dar. Neben der schlanken Teodanerin mit ihren blendenden
Farben, die sonst, wenn sie zu Markt geht, den großen obstgefüllten Rundkorb, ohne ihn
mit der Hand zu halten, auf dem Kopfe trägt und mit ihrem Fuß kaum den Boden berührt,
sieht man die Ubljanerin in schwerfälligem, ungeschicktem Gewand, den Kopf mit den hohen
Ukosnjaci, eine Art Krone aus großen Nadeln, geziert, die Frau aus Bogdasic mit rothem
Käppchen und jene aus Dobrota in reichem Nationalcostüm.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch